Wenn man mit Kindern und Hund auf längere Tour geht, muss man entsprechend viel Gepäck mitnehmen. Dies zu transportieren, stellt die Familie schon mal vor größere Probleme. Eine Lösung dafür beschreibt Frank Richter: Das Eseltrekking!
Welche wanderbegeisterten Eltern kennen das nicht: Gern würde man wieder einmal richtig auf Tour gehen, am liebsten mit Zelt und Verpflegung für mehrere Tage oder gar Wochen. Stellt sich nur die Frage, wie die Ausrüstung und die nach spätestens zwei Kilometern quengelnden Kleinkinder auf die Rücken der Eltern verteilt werden können. Nach unseren vergeblichen Versuchen, die Gepäckmengen für zwei Erwachsene, zwei Kinder sowie Futter für unseren Hund in Rucksack und Kindertrage zu stopfen, stiegen wir auf Wasserwandern um. Im Canadier findet bei 500 kg Zuladung sogar eine Windelgroßpackung ihren Platz.
Zufällig stießen wir dann bei einer Paddeltour auf der Dordogne auf ein Schild »Esel zu vermieten« – das war die Lösung unserer Transportprobleme! Zu Hause durchstöberten wir das Internet nach weiteren Eselverleihern und waren über die Anzahl der Anbieter, vor allem in Frankreich, erstaunt. Das war vor neun Jahren. Seitdem sind wir bekennende Eselfreunde und touren fast jährlich für eine Woche mit Zelt und »unserem« Langohr durch die unterschiedlichsten, oft einsamen Regionen in Frankreich. Auf manchen Wanderungen haben wir kaum eine Menschenseele getroffen.
Als Vorbereitungslektüre diente uns »Travels with a donkey in the Cevennes« vom Autor der »Schatzinsel«, Robert L. Stevenson. In seinem 1879 erschienenen Buch berichtet Stevenson über eine Wanderung durch die Cevennen und die Skepsis der Einwohner des Dorfes Monastier, in dem damals seine Wanderung begann. Warnungen vor Kälte, Räubern und Wölfen sollten den jungen Schotten von seinem Vorhaben abbringen. Doch niemand warnte ihn vor seiner Reisegefährtin Modestine – die Eselin stellte sich bereits am ersten Tag stur.
Erstkontakt mit dem Esel
Ein wenig mulmig war uns schon, als wir uns damals zum ersten Mal zu einer Eseltour aufmachten. Bislang hatten wir noch keinerlei Kontakt mit einem Esel gehabt und natürlich die gängigen Vorurteile vom störrischen und dummen Naturell der Tiere im Kopf, verbunden mit der Sorge, unsere Kleinen könnten von kräftigen Huftritten oder zwickenden Zähnen malträtiert werden.
Jetzt, kurz vor dem Aufbruch zu einer 10-tägigen Pyrenäen-Wanderung, sehen wir das gelassener. Unsere Wanderung beginnt etwa 22 km von St. Girons, in der Region Ariège. Wir zelten auf dem Gelände unserer Eselverleiher. Nebenan stehen Jurten und Tipis, die auch für eine oder mehrere Nächte gemietet werden können.
Tourenplanung
Bei einem Glas Wein und einem formidablen Drei-Gänge-Menü besprechen wir unsere Tour mit Marie-Christine und Hanno, den Besitzern von insgesamt 20 Eseln und einem Maultier. Die beiden haben vor zehn Jahren ihre Leidenschaft für Esel als kleinen Geschäftszweig ausgebaut. Unsere Wanderung wird uns auf Teilen des GR 10 in neun Tagesetappen von vier bis sieben Stunden (das Maximum mit unseren 11 und 13 Jahre alten Kindern) wieder zurück zum Ausgangspunkt bringen.
Dabei werden wir kleine Ortschaften passieren, jedoch kaum Gelegenheiten für einen Einkauf haben, weshalb wir die gesamte Verpflegung einpacken. Zelten wollen wir vorwiegend »en brousse«, sprich wild. Die besten Zeltplätze und die Wasserstellen für die Esel werden geflissentlich auf der Karte markiert. Einige Streckenabschnitte müssen aber unter Umständen umgangen werden, da zum Zeitpunkt unserer Tour eine Unwetterwarnung gilt und Teilstücke des Weges bei Regen mit den Eseln nicht passierbar sind. Auch einige Flüsse sind bei Hochwasser nur schwer zu überqueren, denn man merke: Esel gehen nicht über schmale Holzbrücken.
Der Rückweg zu unserem Zelt entpuppt sich dann um Mitternacht, nicht nur dank des genossenen Weins, auch als etwas problematisch. Es gewittert und gießt in Strömen – die angekündigte Unwetterwarnung hat sich also bewahrheitet. Hoffentlich können wir die Tour wie geplant durchführen.
Auf unseren vorangegangenen Touren hatte uns immer nur ein Esel begleitet, das bedeutete, dass die Erwachsenen der Familie dann immer noch einen recht dicken Rucksack zu schleppen hatten. Diesmal gönnen wir uns den Luxus von zwei Begleitern. Am nächsten Morgen zieht Hanno los, um auf dem etwa 20 ha großen Gelände unsere zwei Esel einzufangen.
Kulka und Pepito, unsere Reisebegleiter
Er kommt zurück mit Kulka und Pepito, die uns auf Anhieb mit ihren wuscheligen Ponyfransen und den weißen Schnauzen gefallen. Wir haben Glück: Bei dem Gespann handelt es sich um eine eingespielte Esel-Equipe, mit der Marie-Christine und Hanno außerhalb der Saison drei- bis sechsmonatige Wanderungen durch die Pyrenäen unternehmen. Anschließend werden wir in den Umgang mit Eseln eingeführt: wie putzt man das Langohr, wie wird der Sattel aufgelegt, das Gepäck verschnürt, wie kommt der Esel an sein Futter etc. Für Esel-Novizen bietet Hanno einen eintägigen Einführungskurs im Umgang mit Eseln an…
Etappen:
Wer mit dem Zelt unterwegs ist, kann sich die Strecke relativ frei einteilen. Die angegebenen Etappen sollten deshalb nur als Richtlinie verstanden werden.
- Tag 1: bis Paloubard, ca. 5 Stunden, zwischen 700 und 900 m ü. NN;
- Tag 2: durch das Val d’Estours bis zu den Cascades d’Arcouzan, ca. 6 Stunden, zwischen 600 und 1.300 m ü. NN;
- Tag 3: bis zum Etang d’Areau, ca. 4 Stunden, zwischen 1.300 und 2.000 m ü. NN;
- Tag 4: bis zum Campingplatz »Camping des Bouries«, ca. 3,5 Stunden, zwischen 1.800 und 800 m ü. NN;
- Tag 5: bis zum Pass »Col de la Serre du Cot«, ca. 3 Stunden, zwischen 800 und 1.550 m ü. NN;
- Tag 6: bis zum Plateau d’Agou, ca. 4 Stunden, zwischen 1.550 und 1.000 m ü. NN;
- Tag 7: bis zum See »Etang de Lers«, ca. 4,5 Stunden, zwischen 600 und 1.200 m ü. NN;
- Tag 8: bis zur Berghütte »Cabane de Rose«, 4 Stunden, zwischen 1.200 und 1.600 m ü. NN;
- Tag 9: zurück zum Ausgangspunkt über die Ortschaften le Port und Massat, 6,5 Stunden, zwischen 1.600 und 700 m ü. NN.
Text/Bilder: Frank Richter
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 03/2013.