Gipfelschau und Meeresrauschen
Im Südosten der Alpen hat sich ein Land zur Radnation gewandelt – Slowenien. Hier gibt es unverbaute Landschaften und erstklassige Bahntrassenradwege. Doch die vorgestellte Tour bietet noch mehr: Hier erlebtman die Felswände der Dolomiten und erfährt, wie das Habsburgerreich seinen Zugang zum Meer verlor. Thorsten Brönner unternahm eine Reise durch die Geschichte.
Text/Bilder: Thorsten Brönner
Das Südtiroler Hochpustertal erfüllt alle Klischees eines Alpenidylls: Es gibt malerische Dörfer, aus denen schlanke Kirchtürme aufragen, zu beiden Seiten gezackte Gipfel, dazu saftigeWiesen. In Niederndorf hat der Reiseveranstalter FUNActive Tours sein Quartier. Die Südtiroler bieten Reisen in alle Richtungen an. Bergfreunde steuern gen Westen zum Gardasee. Genießer wählen den Drauradweg bis Maribor. Romantiker lockt es nach Venedig. Jede Fahrt ist verlockend!
Mich zieht es nach Slowenien und weiter an die Adria. Am Toblacher Sattel sprudeln fünf Quellen aus dem Untergrund und vereinigen sich zur Drau. Ihr folge ich auf dem ersten Abschnitt. Unter einem drohend dunklen Himmel rausche ich das Tal hinab. Die Räder rollen von allein. Durch den Helm weht der Fahrtwind. Der Weg ist asphaltiert, breit und von Rastplätzen gesäumt. Perfekt! Das dachte bestimmt auch der Streckenprüfer des ADFC, der die Familienroute im Februar 2016 mit der Bestmarke von fünf Sternen auszeichnete.
In Innichen greife ich zur Bremse. Heute ist Krämermarkt. Die Gassen sind voll mit Händlern, die hinter ihren Tischen stehen. Neugierig spazieren Passanten hindurch. Mir ist nach Ruhe. Ich schiebe das Fahrrad zur Stiftskirche. Davor sieht man Kreuze in allen Größen, in den verschiedensten Formen. Das Gotteshaus zählt zu den schönsten Sakralbauten romanischen Stils im Ostalpenraum. Seine Ursprünge reichen zurück ins 8. Jahrhundert: Als der bayrische Herzog Tassilo III. hier ein Benediktinerkloster gründete, hatte das Frankenreich die größte Ausdehnung; als Marco Polo China Ende des 13. Jahrhunderts erreichte, wurde die Kirche in ihrem heutigen Erscheinungsbild vollendet. Kostbar ausgearbeitet sind die spätromanischen Kuppelfresken von Michael Pacher, die überlebensgroße Kreuzigungsgruppe und die dreischiffige Krypta.
Lienzer Dolomiten
Die Abfahrt geht weiter. Sie führt auf 48 Kilometern von 1.200 Meter hinab auf 676 Meter, von Italien ins Zentrum von Lienz. Ich rolle vorbei an wehrhaften Burgen, die die Lienzer Dolomiten gen Süden einrahmen. Hinter Sillian steht der mächtigste Bau: Die Burg Heinfels, der die Einheimischen den Titel »Königin des Pustertals« verliehen. Sie setzt sich oberhalb des gleichnamigen Orts mit einer Ringmauer und dem eindrucksvollen Bergfried in Szene.
Ich steuere mal rechts,mal links durch das Tal – immerzu bergab. Die Siedlungen tragen Namen wie Tassenbach, Abfaltersbach und Thal. Der Alpenfluss hat hier am Oberlauf die Gewässergüteklasse 1. Er ist klar, springt reißend über abgeschliffene Steine – ein idealer Lebensraum für Regenbogenforelle, Äsche und Huchen. An den Ufern sieht man neben Flussregenpfeifern auch Flussuferläufer umherspringen.
Wo die Drau und die Isel zusammentreffen, nimmt Lienz den Talkessel ein. Die hohen Felswände halten die kalten Nordwinde ab. So geschützt, bringt es die Hauptstadt von Osttirol auf 2.000 Sonnenstunden im Jahr.Wenige Fußminuten von der Mündung entfernt erhebt sich das zinnenbewehrte Schloss Bruck auf einem abschüssigenWiesenhang. SeineWurzeln reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Der einstige Sitz der Freiherren von Wolkenstein-Rodenegg ist heute ein Besuchermagnet. Hinter den dicken Wehrmauern hat das Museum der Stadt Lienz eine stilvolle Bleibe gefunden. In den Räumen schreitet man von der zweigeschossigen Kapelle zum romanischen Rittersaal. Am Ende des Rundgangs gibt es dieWerke des Osttiroler Malers Albin Egger-Lienz zu sehen.
GPS-Daten | Länge 339 km | Webcode #6680 | GPX Track herunterladen
Den vollständige Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 1/2017 des Bike&Travel Magazins.
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