trekking-Autor Hendrik Morkel, der mittlerweile seinen Wohnsitz in Finnland hat, freut sich immer, wenn ihn Freunde aus der Heimat besuchen, um mit ihm auf Trekkingtour zu gehen. Als sich wieder einmal Besuch aus Deutschland ankündigte, war die Wanderroute schnell gefunden: Der Pirkan- Taival-Wanderweg stand auf dem Programm.
Mein Freund Martin rief mich an und sagte, dass er noch ein paar Tage Resturlaub hätte und gerne wandern würde. Ich lud ihn zu einer Tour drei Wochen später zu mir nach Finnland ein, da dann auch Clemens, ein anderer Freund, zum Wandern in meine Region kommen würde. Begeistert sagte Martin zu.
Ich mag es, dass meine Freunde spontan sind und mit mir hier in Finnland wandern wollen. Über die Jahre habe ich viele von ihnen bei mir willkommen heißen können. Auf dem Pirkan Taival Wanderweg wird meinen Freunden und mir nie langweilig, denn der Pfad, der zum E6 Langstrecken-Wandernetzwerk durch ganz Europa gehört, bietet in der Region Pirkanmaa über 300 Kilometer markierte Pfade zum Wandern und ist für ein Wochenende genauso interessant wie auch für eine Woche oder länger. Mit Martin und Clemens werde ich nun also fünf Tage und vier Nächte auf dem Pirkan Taival verbringen und von Parkano im Westen über Kuru weiter nach Ruovesi im Osten wandern und dabei die zwei Nationalparks Seitseminen und Helvetinjärvi durchqueren.
Wohin nun?
Drei Wochen später stehen wir am Bahnhof von Parkano, der sechs Kilometer von der Stadt entfernt liegt. »Wohin nun?«, fragt Martin. »Wir können dem Pfad folgen, der einen Schwenk durch den Wald macht, oder, wenn euch nach mehr Abenteuer zumute ist, eine Abkürzung nehmen«, erkläre ich. »Abkürzung hört sich gut an«, finden Clemens und Martin, und so laufen wir über die Gleise und folgen einem Feldweg, bis wir eine Dreiviertelstunde später am Pfad ankommen. Eine Birkenallee führt an Bauernhöfen, Sommerhäusern und einem in der Sonne glitzernden Seen vorbei, bis ein Schild nach links in den Wald zeigt. Drei Stunden, etliche Mückenstiche und gut 13 Kilometer später kommen wir auf einem Forstweg aus dem Wald. Vorbei an schönen Sommerhäusern, die Gärten in voller Blüte, folgen wir dem Weg und sind im Nu an der Aurejärvi Hütte, einer einfachen Holzhütte mit Holzofen, zwei Hochbetten und einem großen Tisch. Während Martin und Clemens sich dafür entscheiden, in der Hütte zu schlafen, beschließe ich, mein Tarp am Sandstrand aufzubauen. Dunkle Wolken schieben sich über den Himmel, hier und da schickt die Sonne aber erfolgreich ihre Strahlen durch die Wolken – ein beeindruckendes Schauspiel.
Da sich die Sonne im Sommer schon früh morgens zwischen drei und vier Uhr wieder über den Horizont schiebt, bin ich bereits kurz nach sechs Uhr auf den Beinen. Drinnen in der Hütte herrscht noch Ruhe, und so sammle ich in Ruhe ein wenig Holz zusammen, um Wasser für meinen Frühstückskaffee zu kochen. Es ist nach sieben Uhr, als sich erst Clemens, dann Martin zu mir an mein kleines Feuerchen im Bushbuddy gesellen. Schnell ist noch mehr Wasser am Kochen, während die Schlafsäcke und Quilts in der Sonne trocknen.
Leckereien im Seitseminen Nationalpark
Das Packen geht schnell vonstatten und gegen halb neun sind wir schon wieder auf dem Weg. Der Pirkan Taival führt nun an einer Forststraße entlang, bis wir an einer Landesstraße ankommen, der wir für einen Kilometer am Straßenrand folgen. Zum Glück herrscht hier so wenig Verkehr – die meisten Finnen verbringen den Sommer in ihren Sommerhäusern fernab der Zivilisation –, so dass wir nebeneinander laufen können. Das Gehen auf Straßen ist zwar nicht so angenehm, dafür ist man aber schnell. Anderthalb Stunden und acht Kilometer später stehen wir schon vor dem Besucherzentrum des Seitseminen Nationalparks. Drinnen gibt es Kaffee, Kuchen – und einen Mittagstisch! Barschfilet in Dillsoße mit Kartoffelbrei und gebratenem Gemüse ist allemal besser als das, was wir dabei haben, und so sitzen wir kurz darauf am Tisch und genießen das gute Essen. Wir schauen uns noch ein wenig im Museum um, trinken einen Kaffee und besprechen die weitere Route des heutigen Tags.
Draußen in der Sonne warten die Rucksäcke auf ihre Träger, die erst noch ihre Wasserflaschen hinter dem Besucherzentrum auffüllen. Dann geht es weiter. Anstatt über den Seitsemisharju Esker zu wandern, haben wir uns dafür entschieden, Richtung Iso Kivijärvi zu laufen, denn in den feuchten Wäldern entlang des Trails ist es oft möglich, Trompetenpfifferling zwischen den Moosen zu finden. Clemens und Martin beweisen ein gutes Auge für die Pilze und so haben wir im Handumdrehen eine ordentliche Anzahl gefunden – heute Abend wird es also auch keine dehydrierte Trekkingmahlzeit geben!
Gut gelaunt passieren wir den Iso Kivijärvi See, und wandern über Bretterstege durch weite Moore. Hier und da durchbrechen kleine Wald-Inseln das Moor wie ein auftauchender Wal das Meer. Dies sind richtige Urwälder mit jahrhundertealten Bäumen, denn für die Forstwirtschaft ist das Holz zwar sehr wertvoll, aber der Aufwand, um die Bäume auf den kleinen Inseln inmitten der Moore zu fällen, wäre zu groß. So bleiben sie uns erhalten, und auch den Vögeln und Tieren, die sie ihr Zuhause nennen.
Wir passieren die Pitkäjärvi Hütte und Sauna, die man beide mieten kann, machen einen kleinen Umweg an der alten Mühle vorbei und verlassen am Spätnachmittag schon wieder den Nationalpark. Leider verpassen wir nun Multiharju, den Urwald mit über 400 Jahren alten Kiefern, und den Aussichtsturm über den riesigen Soljastensuo Sumpf, aber wir haben noch ein Stück Pfad vor uns, und so passieren wir den Liesijärvi Campingplatz und wandern weiter zur Rysäslammi Laavu (Laavus sind Unterkünfte mit drei Wänden und einem geneigten Dach), die mitten im Wald an einem kleinen See liegt. Ich beschließe, heute auch in der Laavu zu übernachten.
Aus den Trompetenpfifferlingen, zwei Zwiebeln und einem Schmelzkäse zaubere ich für uns drei eine leckere Suppe, die so gut ist, dass nichts übrig bleibt. Gesellig sitzen wir danach um das Feuer und reden über Gott und die Welt. Mit einsetzender Dämmerung werden wir müde, kriechen in unsere Schlafsäcke und sind kurz darauf eingeschlafen …
Text und Bilder: Hendrik Morkel
Daten und Fakten
- Ausgangspunkte
Als Ausgangspunkte bieten sich Parkano im Westen, Ruovesi im Osten, Virrat im Norden, Kuru in der Mitte und Ylöjärvi im Süden an. - Wege
Der Pirkan Taival besteht aus über 300 km markierten Pfaden in der Region Pirkanmaa und verbindet zwei Nationalparks und ein Naherholungsgebiet in der Region. Im Winter, zwischen Dezember und März, gibt es ca. 150 km präparierte Loipen für Skilanglauf. - Anreise
Alle Ausgangspunkte sind schnell und einfach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. - Beste Zeit
Von Ende Mai bis Ende August herrscht Sommer in Finnland, und dies ist die beste Zeit, um Flora und Fauna bei angenehmen Temperaturen zu erleben. Leider sind zu dieser Zeit auch die Mücken besonders zahlreich, ein Mückennetz ist also ratsam. Auch im Winter ist der Pirkan Taival eine Reise wert und wartet darauf, mit Schneeschuhen oder Skiern erkundet zu werden. Zwischen Ruovesi und Kuru ist von Dezember bis Ende März eine 55 km lange, präparierte Langlaufloipe, so genannte Laavus (typischen finnischen Unterkünfte mit drei Wänden und einem geneigten Dach) in regelmäßigen Abständen laden zum Pausieren und Campieren ein. - Schwierigkeit
Der Pirkan Taival ist einfach bis mittelschwer. Im Helvetinjärvi Nationalpark geht es teilweise recht viel auf und ab, doch die Treppen helfen in diesem Fall beim Hoch- und Runtergehen. - Übernachtungen
Entlang des ganzen Pirkan Taiwans finden sich Laavus mit einer Feuerstelle und Bänken davor. Dazu kommen Holzschuppen mit Axt und Säge sowie Trockentoiletten. Sie bieten drei bis sieben Wanderern Unterkunft. Wer lieber allein schläft, kann entweder eine Hängematte mitnehmen oder mit Biwaksack und Tarp campieren. - Karten
Die »Pirkanmaa – Ulkoilu ja Retkeilykartta 1:100.000« gibt es in den Buchhandlungen in Tampere sowie im Seitseminen Nationalpark Besucherzentrum für um die 10 Euro zu kaufen. - Internetlinks
Auf der Webseite der Pirkanmaan Virkistysalueyhdistyksen (www. pirkanmaanvirkistysalueyhdistys.fi/ virkistysalueetjareitit) findet man eine digitale Karte des Pirkan Taivals. Sonstiges Die Sauna gehört zu Finnland wie die Seen und Wälder. Die älteste Sauna Finnlands ist die Rajaporti Sauna in Pispala (www.pispala.fi/ rajaportinsauna/), einem Stadtteil von Tampere. Wer nach dem Saunieren lieber noch eine Runde schwimmen gehen möchte, sollte der Rauhaniemi Sauna (www. rauhaniemi.net) einen Besuch abstatten.