Magische Linie

Anstatt trockener Materie und wissenschaftlichem Kauderwelsch aus Fachbüchern, die ein Laie kaum versteht, gibt es auf dem Sardona-Welterbe-Weg Erdgeschichte zum Anfassen. Der Wanderweg im Grenzgebiet der Schweizer Kantone St. Gallen, Glarus und Graubünden verspricht einen abenteuerlichen Gang durch bunte Berge.

TEXT/BILDER: IRIS KÜRSCHNER


Noch liegen die Seen im Schatten, als wir aufbrechen. Dann kriecht die Sonne durch die Karmulden und lässt sie wie blaue Augen herausleuchten. Klar und frisch – diese Murgseen sind zum Verlieben. Schon der Start einen Tag zuvor brachte tiefe Einblicke. In die Helllochdoline zum Beispiel. Oder ins Mürtschental, so unvermutet einsam, wo sich Bachläufe wie Schlangen durch artenreiche Biotope winden und knorrige Arven die Luft mit ihren ätherischen Düften bereichern.

Das alles muss auch den Geologen Hans Conrad Escher von der Linth begeistert haben, der ein großartiger Beobachter und Zeichner war und bereits Anfang des 19. Jahrhunderts auf die Geophänomene aufmerksam machte. Ein strammer Weitwanderer, der mal eben so von der Linthebene zwischen dem Zürich- und dem Walensee über die Berge nach Graubünden lief, ohne Übernachtung. Seinen Spuren folgen wir, doch mit vielen Pausen und Übernachtungen. Von Norden nach Südosten zieht der Sardona-Welterbe-Weg in sechs Etappen von Filzbach hoch über dem Walensee nach Flims im Bündner Rheintal. Die letzten zwei Etappen wollen wir etwas umgestalten, sozusagen auf die Essenz konzentrieren, und in Elm im Sernftal enden.

Steil zieht der Pfad bergwärts. Oben wartet das nächste Aha-Erlebnis: Rund um den Wissmilenpass schillern die Berge in bunten Farben. Rote, weiße, gelbe und schwarze Trümmerfelder zwischen grünen Matten und Blumeninseln. Da der blendende Gipskamm des Wissmilen, dort der Kalkkoloss des Magerrains. Als Eyecatcher der rotbraune Turm des Spitzmeilen, der sich einem erloschenen Vulkanschlot ähnlich in den Himmel bohrt. Die Geschichtsschreibung allerdings besagt, er erinnere an die Kohlenmeiler, die einst unten im Tal bei Sargans zur Holzkohlengewinnung für den Eisenerzabbau gebraucht wurden. Linien und Schichtungen zeichnen die Felsen. Wie ein offenes Geologiebuch liegen die Mysterien der Alpenfaltung da.

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Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 6/2022 des trekking-Magazins.
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