Mythenschwere Wälder mit funkelnden Seen, feinsandige Badestrände an der Ostsee und wüstenhafte Dünen – kongenial verbunden durch vorbildliche Radwege ohne nennenswerte Steigungen. Die Kurische Nehrung offenbart Radfahrern ein Traumrevier.
ETAPPE 1: 3½ STD. TRANSFER, 34 KM – 2½ STD. PALANGA-KLAIPĖDA
Nach 3½ Stunden bestem Autokino von der Hauptstadt Vilnius bis zum Ostseebad Palanga scharren wir vor der ersten Etappe bereits mit den Hufen. Der Startschuss ertönt direkt am Strand. »Vergesst eure Badehosen nicht«, ruft uns Lina Duseviciene, unser litauischer Guide, noch zu und schon geht’s los.
Meist im Windschatten eines großen Damms pedalieren wir entlang sattgrüner Wiesen und herrlich duftender Kiefernwälder südlich. Die ganze Gegend ist aufgrund der frischen jodhaltigen Luft, zahlreicher Mineralquellen und Salzthermen ein vielbesuchter Luftkurort. Der goldgelbe sogenannte »Seidensand« zieht zudem zahlreiche Badegäste aus dem ganzen Land an.
Wolken rauschen im Zeitraffer über uns hinweg. Werden in höheren Luftschichten fast schon theatralisch zerfetzt. Schon nach wenigen Kilometern erreichen wir den ausgedehnten Botanischen Garten mit seiner im Frühsommer wundervoll blühenden Blütenpracht. In der Mitte des 100 Hektar großen Parks sticht das Schloss des Grafens Tyszkiewicz ins Auge.
Seit 1963 berherbergt es Europas größtes Bernsteinmuseum – ein absolutes Muss. In 15 thematisch sortierten Abteilungen erfährt man alles über die Entstehung, Verbreitung, Gewinnung und Verarbeitung des edlen Naturprodukts. Neben feinstbearbeiteten Schmuckstücken gibt es auch kiloschwere Brocken des baltischen Goldes zu bestaunen, welches hier an der Bernsteinküste Litauens einst in rauen Mengen aus dem Meer gewonnen wurde. Am spannendsten sind aber die zahlreichen Inklusen, wo sich zum Beispiel Insekten im Harz auf immer und ewig konserviert haben und sich mit Hilfe starker Lupengläser faszinierende Einblicke offenbaren.
Doch zurück auf den Radweg: Dort mischen sich Rennradfahrer mit Ambitionen unter Strandcruiser mit zum Teil sogar dreirädrigen E-Rollern und Strom-Boliden. Dazwischen queren immer wieder Badegäste, manche mit prall aufgeblasenen Schlauchbooten, den gerade mal zwei Lenker breiten Radweg. Es ist also etwas Vorsicht geboten, doch mit zunehmender Distanz von der Stadt gehört der Radweg wieder uns.
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