Finnland ist das Land der tausend Seen und Inseln. Neben seinen ausgedehnten Waldgebieten und viel unberührter Natur lädt das »glücklichste Land der Welt« auch zu außergewöhnlichen Gravel-Abenteuern ein. Eines davon hat Patricia Wohlgemuth erlebt – inmitten unberührter Natur, tief verwurzelter Traditionen und hilfsbereiter Finnen.
Kurz vor Sonnenuntergang in Varjola anzukommen bedeutet, warm empfangen zu werden. Markus, ein wonniger Mittvierziger und Ruota sitzen schon in der Sauna und blicken hinaus auf den stillen Vatianjärvi See. Ruota bedeutet »Eisiges Land«, was die Dringlichkeit des allabendlichen Saunabesuchs von selbst erklärt. Ruota hat drollige Schlappohren und ein glattes, braun-weißes Fell. Jederzeit, sobald Markus »Come on, Sauna!« ruft, wedelt Routa mit dem Schwanz und eilt zur Tür.
Ja, auch Hunde lieben in Finnland die Sauna. An diesem Abend sitzen die beiden lediglich in einer einfachen, ganz normalen Sauna, denn die Rauchsauna anzufeuern, bedarf längerer Vorbereitung und viel Holz. Einen halben Tag lang brennt und glüht es in den extra dafür gebauten »Räucherkammern« bis die Bruchsteine durch und durch erhitzt sind. Bevor die Rauchsauna dann allerdings benutzbar ist, muss der ganze Rauch erst mal wieder gründlich ausgelüftet werden.
Nach einem Tag auf dem Rad ist jede Art von Sauna willkommen. In der Sauna zu schwitzen und zwischendrin in den See zur Abkühlung zu springen stellt allemal ein kaum zu überbietendes Erholungsprogramm dar. Wer in Varjola übernachtet, dem eröffnet später das große Dachfenster in einem der gemütlichen Tiny Houses den freien Blick in die Sterne. Ein Ort zum Bleiben! Eine Gegend zum Graveln. Und doch dürfen sich die Räder am nächsten Morgen die finnischen Wälder und Seen für ein halbes Stündchen vom Autodach herab ansehen, denn die Vielfalt an Wegen und Attraktionen in der Jyväskylä-Region ist enorm.
Jyväskylä ist schwierig auszusprechen, zum Ausgleich geht der Name Alvar Aalto leichter über die Lippen. Die Universität, das Theater und nicht zuletzt die Townhall sind Zeugen seines großen Könnens. Im südlich von Jyväskylä gelegenen Ortsteil Säynätsalo entstand um 1950 herum jene von Aalto konzeptionell und architektonisch feinst ausgeklügelte Townhall. Bis Sommer 2023 birgt diese, die zu den bemerkenswertesten Bauwerken Aaltos überhaupt zählt, vorübergehend das Alvar Aalto-Museum. Im Erdgeschoss befanden sich einst Läden, Banken und die Verwaltung. Darüber tagte der Rat und Räume standen für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Alle Bereiche, die dem Gemeinwohl dienten, steckten unter einem Dach. Und Aalto verwirklichte so, mit dem aus dunkelroten Ziegelsteinen zweiter Wahl erbauten Werk, einen ihm wichtigen demokratischen Aspekt. Heute finden in den Konferenzräumen Konzerte und Seminare statt. Appartements und Gästezimmer stehen bevorzugt Radtouristen zur Verfügung und einladende Schilder, worauf steht »we speak gay« oder »Autismi-Ystävällinen« (ein Label für Menschen mit Autismus), säumen den Eingang zum Museum.