Im Bannkreis des »Grauen Wächters« – Traumtour über die südnorwegische Hochebene

Das Hochfjellplateau der Hardangervidda ist eines der am besten erschlossenen Wildnisgebiete Norwegens. Trotzdem kann man sie hier noch erleben, die große Einsamkeit und Stille. Das gilt ganz sicher für eine 160 Kilometer lange Solo-Trekkingtour mit Zelt quer über die schier grenzenlose Hochebene. Die Hardangervidda ist eine Traumregion für alle, die den Zauber des Nordens lieben. Wer diese Weite durchwandert, geht auf eine abenteuerliche Reise.

Auf dem Weg zum Zeltplatz nördl. der Hütte Tuva

TEXT/BILDER: HUBERTUS STUMPF

Stille. Das ist es, was mir sofort in den Sinn kommt, wenn ich an meine Tour durch die Hardangervidda zurückdenke. Absolute Geräuschlosigkeit, nur gelegentlich unterbrochen vom Rauschen eines Bachs oder vom Rieseln des Regens. Ein Zustand, den wir im Gedröhne des Alltags fast vergessen haben. Und dann diese unabsehbare Weite (norw. »Vidda«), von der diese riesige, baumlose Hochebene in Südnorwegen ihren Namen hat. Wer sich aufmacht, allein die »Vidda« zu durchqueren, begibt sich auf eine abenteuerliche Reise: Sie führt nicht nur durch eine faszinierende Landschaft, sie öffnet auch weit die Türen der eigenen Wahrnehmung.

Aller Anfang ist schwer. Die gute alte Binsenweisheit wird wortwörtlich spürbar, als ich an diesem späten Septembernachmittag an meinem Startpunkt Haukeliseter meinen 20-Kilo-Rucksack schultere. Er enthält alles, was ich in den nächsten neun bis zehn Tagen benötigen werde, wenn ich die Hardangervidda von Süd nach Nord durchqueren werde. Die Hauptsaison ist schon vorbei: viel Platz und wenig Leute. Das bedeutet aber auch, dass man sich nicht mehr auf das Hüttennetzwerk verlassen kann. Manche Unterkünfte haben schon für den Winter dichtgemacht, und es ist fraglich, ob und wie ich in den verbliebenen meine Vorräte ergänzen kann.
Also gilt für die rund 160 Kilometer bis zum Zielort Geilo am Nordostrand der Hardangervidda wieder mal » Prinzip Schnecke«: Alles muss in den Rucksack. Dazu gehört auch das leichte Zelt, in dem ich übernachten werde, denn das skandinavische Jedermannsrecht erlaubt Wildcampen. Alles in allem ein ganz schöner
» Koffer«, den ich mir da auf den Buckel geschnallt habe. Großer Vorteil dieser nur allzu wörtlichen Erschwernisse: Ich kann jeden Tag gehen, so weit ich will und die Beine tragen.

WIE EIN LAND LANG VOR UNSERER ZEIT
Bald liegen die Wandererhütte von Haukeliseter und die Europastraße 134 hinter mir. Einzige menschliche Spur ist ein schmaler Pfad, der sich zwischen den Hügeln verliert. Auf ihm tauche ich Schritt für Schritt tiefer ein in eine Szenerie wie aus einem Land lang vor unserer Zeit: Flechtengesprenkelte Felsbrocken in allen Formen und Größen, die aussehen, als hätten übermütige Riesen irgendwann in grauer Urzeit hier gekegelt und danach nicht aufgeräumt; wolkenumwehte Berge, an deren Flanken ewige Schneefelder leuchten; dazwischen immer wieder stille Seen und gurgelnde Gebirgsbäche.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 9/2023 des trekking-Magazins.
Jetzt im Online-Shop bestellen »

Verwandte Beiträge

Nichts mehr verpassen.

Abonnieren Sie unseren Newsletter!

Mit News zu unseren Magazinen und zu vielen weiteren Produkten aus unserem Verlagsprogramm.