Die Serra da Estrela, höchstes Gebirge des portugiesischen Festlands, beeindruckt durch ihre archaische Landschaft aus kargen Hochebenen mit gigantischen, rundgeschliffenen Granitfelsen, tief eingeschnittenen Tälern und urigen Wäldern. In der von Gletschern geformten Landschaft finden sich außergewöhnliche Wandererlebnisse und spannende Projekte kreativer Künstler, die sich auf ihre Wurzeln besinnen.
Dichter Nebel umhüllt die Berge wie ein seidenes Tuch und lässt die Landschaft mit ihren gigantischen, rundgeschliffenen Granitsteinen noch mystischer erscheinen. Mein Mann Axel und ich sind in der Serra da Estrela, dem Sternengebirge, das sich im Centro de Portugal befindet und seit 2020 als UNESCO-Global-Geopark ausgezeichnet ist. Doch vom höchsten Berg des portugiesischen Festlands, dem 1.993 Meter hohen Torre, ist nichts zu sehen.
Unser Wanderguide Nuno Adriano schaut in Richtung Berge, dann wirft er einen Blick auf seine Wetter-App. »Dieser Nebel«, sagt er schließlich. »Wenn wir Pech haben, hängt er den ganzen Tag über der Hochebene.« Genau dort wollen wir hin, auf der Varanda dos Pastores, der Hirtenveranda-Route, zum Alto da Pedrice.
Mit seinen 1.758 Metern Höhe ist der Alto da Pedrice nicht nur der zweithöchste Berg in der Serra da Estrela, sondern nach dem Torre auch der zweithöchste Gipfel auf dem portugiesischen Festland. Dabei schaut er so gar nicht nach einem Berg aus, denn seine höchste Erhebung besteht aus einer Hochebene. Und genau über dieser hängt eine dichte Nebelkappe.
EIN IN STEIN GEMEISSELTES BUCH
Bei Portugal kommt mir stets diese herrliche Küste in den Sinn. Auch die Serra da Estrela war einmal ein Meer. Das ist allerdings ziemlich lange her. Vor etwa 340 Millionen Jahren schob sich das aus Schiefer, Grauwacke und Granit bestehende Gebirge empor. Schätzungsweise ist es bis zu 650 Millionen Jahre alt. Das Sternengebirge gleicht einem in Stein gemeißelten Buch. Seite für Seite lässt sich darin die Erdgeschichte studieren, wie die gewaltigen Kräfte der Natur diese einzigartige Landschaft formten.
Bis vor noch 30.000 Jahren war diese Hochebene von 90 Meter hohen Gletschern bedeckt. Als sie schmolzen, bewegten sich riesige Eismassen talwärts, schürften U-förmige Täler und hinterließen riesige, glatt geschliffene Granitblöcke auf ihrem Weg. So entstand die raue und wilde Landschaft mit ihren steilen Klippen, imposanten Wasserfällen und majestätischen Wäldern, wie man sie heute bewundern kann. Millionen Jahre später stehen wir genau hier und sehen nichts außer Nebel. »Wir wagen es«, sagt Nuno.
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