Bisher war das Erzgebirge für das Autorenpaar Silke Rommel und Thomas Rathay ein weißer Fleck auf ihrer Landkarte. Um das zu ändern, erkundeten sie die rund 140 Kilometer lange Mountainbike-Tour »Blockline«.
Auf den Weihnachtsmärkten ziehen mich die Stände mit den bunten, qualmenden Räuchermännchen aus dem Erzgebirge schier magisch an. Heute sind rund 25 Grad vorhergesagt. Mein Partner Thomas und ich tragen kurze Hosen. Engel, Bergleute, Nussknacker, eben diese Holzfiguren, lachen uns aus den Schaufenstern im Kurort und Spielzeugdorf Seiffen an. Hochwertige Weihnachtsdekoration aus Holz wird im Erzgebirge seit vielen Jahrhunderten hergestellt. Seit 2021 durchzieht die Region die »Blockline«, eine Mountainbike-Tour, die auf rund 140 Kilometern durch das Osterzgebirge und vorbei an vielen Schauplätzen der Holzhandwerkskunst führt.
Wir haben vier Etappentage dafür eingeplant, um die uns unbekannte Region mit ihren Traditionen zu erkunden. Zum Auftakt schauen wir im Erzgebirgischen Freilichtmuseum vorbei. Fünfzehn regionale Gebäude wurden im Charakter einer Streusiedlung in ihrem Originalzustand wieder aufgebaut. Uns zieht es in die Reifendreherwerkstatt. In der rund 270 Jahre alten Arbeitsstätte werden aus Fichtenholzreifen kleine Kunstwerke wie Pferde, Schweine und Männchen gefertigt. Das Ausgangsprodukt ist eine Baumscheibe; aus dem rotierenden Werkstück nimmt der Dreher Material ab. Lange Späne wirbeln durch die Luft. Besonders spannend wird es, wenn schmale Stücke des fertig bearbeiteten Reifens abgespalten werden und sich die herausgearbeiteten Konturen zeigen – besonders filigran ist der gerade einmal ein Zentimeter große Berner Sennenhund.
CHARMANTE WEGBEGLEITER
Der Schwartenberg ist mit seinen 787 Metern bereits vom Museum aus gut zu erkennen. Diese Bergprüfung liegt bald vor uns. Uns empfängt summende Sommeridylle mit Strohballen, die sich auf den Wiesen sonnen. Wir passieren die erste von zahlreichen, noch folgenden überdachten Picknickhütten und machen erste Bekanntschaft mit den ungewöhnlichen Holzinstallationen, die uns die gesamte Tour begleiten. Auf dem Aussichtsberg angekommen, blicken wir in einen nicht endenwollenden, dichten grünen Wald, der zum Naturpark Erzgebirge-Vogtland gehört. Imposant wird der Ausblick durch die kleinen Seen und Felder, die einen farblich abgesetzten Landschaftsteppich ergeben.
Bei der Dachsbaude stoßen wir auf ein erstes von insgesamt neun unterschiedlichen Holzportalen, denn in jeder flankierten Gemeinde wurde eins installiert: Das zweiteilige Portal mit der Kontur eines Fuchses rückt den Schwartenberg in den Blickpunkt. Auf einem ersten, leichten Trailabschnitt durch den Wald, begleitet von Bachplätschern und Donnergrollen, rollen wir in Richtung Neuhaus. Begeistert bremsen wir an einem riesenhaften Holzbilderrahmen an, installieren die Kamera, bringen uns in Pose und schießen einige Fotos. Sachter Regen setzt ein. Irgendwann fahren wir weiter, ignorieren die feinen Nadelstiche, die der Regen gefühlt im Gesicht hinterlässt. Das Wasser hat den Weg in einen schlammigen Trail verwandelt. Nebel hängt zwischen den Bäumen. Über eine Staumauer überqueren wir die Talsperre am Rauschenbach, holpern weiter über einen nostalgischen Plattenweg.
Wir gelangen zu einer großen, aus Holz gefertigten Hornisse. Insgesamt zwanzig dieser Motivmeilensteine sind über die Route verteilt und mit einem QR-Code versehen, sodass man sich immer wieder mit Details zu den hier beheimateten Tieren schlaumachen kann. Ein Blickfang, der die Tour insbesondere auch für Familien attraktiv macht.
Code #1240