Insiderwege im Berner Oberland
Die Jungfrau ist nicht nur ein interessantes Sternzeichen, sie ist auch ein besonders anziehender Berg. Der erste 4.000er, der in der Schweiz bestiegen wurde. Aber muss man sie unbedingt erobern? Gibt sich eine schöne Lady mit etwas Distanz nicht reizvoller? Iris Kürschner gibt hier einen kleinen Leitfaden an Insiderwegen, die intimen Genuss versprechen.
Text/Bilder: Iris Kürschner
Männlichen, Wixi, Bumps, Busenalp – kuriose Ortsbezeichnungen rund um die Kleine Scheidegg. Hat womöglich die Jungfrau die Phantasie angeregt? »Zauberberg der Männer«, wie es so schön im Untertitel der Bergmonographie von Daniel Anker heißt. Dabei könnten es Frauen gewesen sein, die hinter der Jungfrau stecken. Denn die zu ihren Füßen liegenden Alpgründe waren im Besitz des Nonnenklosters Interlaken und schon vor der ersten schriftlichen Erwähnung des berühmten Bergs anno 1577 als »Jungfrauen Alpen« bezeichnet.
Gerne wird aber auch die weiße Reinheit angeführt, die zur Namensbezeichnung inspiriert haben könnte. Männerphantasien, klar. Die Frauen standen damals noch hinterm Herd und Waschzuber. Obwohl – es gab schon ein paar Ausbrüche aus der festgefahrenen Welt. Im Jahre 1809 bestieg die erste Frau mit dem hübschen Namen Marie Paradies den Mont Blanc.
In der Schweiz war man noch nicht so weit, auf die ganz Hohen zu steigen. Aber bewundern von unten, das tat man schon. Die Gipfelgiganten, die zuvor Furcht einflößten, hatten seit Albrecht von Hallers Alpengedicht 1729 ein neues Bild bekommen: schrecklich und schön zugleich. Berühmte Künstler, Musiker und Literaten klinkten sich ein und schwärmten, was das Zeug hielt, von der Urgewalt der Natur, die sich im Berner Oberland auf das Eindrücklichste entfaltet. So kam es, dass die monströse Felsmauer mit dem Dreigestirn von Eiger, Mönch und Jungfrau, die man zudem bis weit ins Ausland sieht, wie von den Höhen des Schwarzwalds oder der Vogesen, berühmt wurde, lange bevor das Matterhorn in die Schlagzeilen geriet.
»Madame Meyer« wird First Lady der Schweiz
Der Seidenbandfabrikant Johann Rudolf Meyer aus Aarau war leidenschaftlicher Gebirgsliebhaber und gab ein Kartenwerk in Auftrag, das erste, das die gesamte Schweiz umfassen sollte. Dieser Meyer-Weiss-Atlas, oder auch Atlas Suisse, entstand in den Jahren 1786 bis 1802, und die ganze Familie Meyer half mit. Hatte Meyer sen. bereits den Titlis und das Hangendgletscherhorn bestiegen, wollten sich die Söhne an die Erforschung der Berner Oberländer Eisregion wagen und die Jungfrau besteigen. Dabei nahmen sie einen weiten Umweg, quasi rund um das heutige UNESCO-Welterbe vom Grimsel über Aletsch-, Oberaletschgletscher und Lötschental, schien doch der Weg von Norden unüberwindbar.
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 04/2015.