Wenn bei uns die dunklen und kalten Tage noch lange nicht vorbei sind, hat der Frühling an der südfranzösischen Mittelmeerküste teilweise schon begonnen. Denn dort strahlen die Blüten der Mimosen in schönstem Sonnen-Gelb gegen den Winter an und können auf den unterschiedlichsten Touren bewundert werden.

Die Autorin in Südfrankreich bei den Mimosenbäumen — TEXT: **ALIKI RETTIG** / BILDER: **SASCHA RETTIG**

Möglicherweise war es James Cook persönlich. Angeblich war er so angetan von den zarten, gelbblühenden Mimosen, dass er sie aus Australien nach Europa mitbrachte. Immerhin sollen die exotischen Pflanzen den britischen Seefahrer an Sonnenschein erinnert haben. Mehr als 200 Jahre ist das her – und hat an der südfranzösischen Mittelmeerküste sichtbare Spuren hinterlassen. Mitten im tiefsten europäischen Winter sorgen die Mimosen dort nun für ein sehnsüchtig erwartetes, frühes Frühlingserwachen.

Wir können es uns nicht wirklich vorstellen. Zu Hause ist es seit Wochen kalt und dunkel. Sonnenstrahlen auf der Haut? Wie sich das anfühlt, das haben wir fast vergessen. Deswegen müssen wir uns auch erst einen Moment wieder daran gewöhnen, als wir in Südfrankreich im kleinen Ort Bormes-les-Mimosas ankommen und das Thermometer Temperaturen im zweistelligen Bereich anzeigt. Die Sonne scheint, am blauen Himmel sind keine Wolken zu sehen und das Gelb der vielen Mimosenblüten scheint besonders intensiv zu leuchten.

Für uns ist dies der Auftakt einer Reise über die »Route du Mimosa«. Vom beschaulichen Bormes-les-Mimosas aus führt diese Mimosen-Route an der Küste entlang Richtung Osten: über die Orte Rayol-Canadel-sur-Mer, Sainte-Maxime, Saint-Raphaël, Mandelieu-la-Napoule, Tanneron und Pégomas bis ins berühmte Parfüm-Städtchen Grasse.

Normalerweise ist es in den ersten Monaten ruhig an der Côte d’Azur. In den Küstenorten wie Cannes oder Saint-Tropez erinnert zu dieser Zeit wenig daran, dass sich im Sommer die Touristen durch die engen Gassen drängeln und vor der Mittelmeerküste die Yachten der Stars und der Reichen ankern. Doch während diese Städte noch im Winterschlaf liegen, sind viele kleinere Orte entlang der Küste und im Hinterland bereits erwacht und feiern die Mimosenblüte.

Mehr als 250 Mimosen-Arten in Südfrankreich

In Bormes-les-Mimosas spazieren wir erst durch den pittoresken Ort, genießen die Ausblicke bis zum Mittelmeer und bummeln durch die schmalen Gassen der Altstadt, in denen viele Geschäfte Mimosenzweige und andere Mimosensouvenirs verkaufen. Danach fahren wir zur »Domaine du Rayol«, wo wir Guide Lenny Basso treffen. Er läuft mit uns durch die weitläufige Gartenanlage, in der die unterschiedlichen Landschaften der mediterranen Klimazonen rund um den Globus wie Mexiko, Australien und Südfrankreich vereint werden.

Die Mimosen wurden zwar ursprünglich in diese Region importiert, wuchsen im südfranzösischen Klima aber bestens und verbreiteten sich rasant. »Das Tolle bei uns ist, dass sie zwischen Dezember und März blühen, weil sie das so aus Australien kennen, obwohl dann bei uns eigentlich Winter ist«, sagt Lenny Basso, als wir die erste gelb blühenden Fläche mit diesen Silberakazien erreichen. Allerdings ist das längst nicht der einzige Ort, an dem es im Garten blüht. Denn, wie der Guide berichtet, gibt es mehr als 250 Mimosenarten.

Immer wieder hält der Franzose deswegen an und weist in den unterschiedlichen Mimosensträuchern und -bäumen auf neue Details hin: Häufig sind die Blüten äußerst filigran und sehen aus wie kleine, grellgelbe Fellbälle. Manche Blüten dagegen erinnern uns in ihrer Anordnung an Weintrauben. Einige Pflanzen wiederum haben schmale Blätter, bei anderen sind sie oval oder rundlich. Bei manchen entdecken wir an den Zweigen so etwas wie Stacheln, andere sind glatt.