Der Otter Trail im Garden-Route-Nationalpark gilt als Afrikas begehrteste Trekkingtour – zu Recht! Der Trail folgt der spektakulären Küstenlinie des Indischen Ozeans und erhält durch die Querung einiger Flussmündungen eine ordentliche Prise Abenteuer.

Meine Atmung setzt aus, das Herz vergisst zu schlagen. Es gibt nichts mehr um mich herum, nicht die Sonne auf der Haut, nicht das Meeresrauschen, nicht das Zwitschern der Kolibris, nicht die Schwere des Rucksacks – nur noch den Bloukrans River. Gebannt starre ich hinab auf seine Mündung ins Meer. Aber was heißt schon Mündung? Unter uns liegt eine Kampfzone! Bloukrans und Meer liefern sich ein Gefecht, sie führen Krieg gegeneinander. Mit meterhohen Wellen greift der Indische Ozean an, er schlägt mit voller Wucht gegen die Felsen. Endlose Wellenberge donnern in den breiten Mündungskeil hinein. Wo sich blaues Meerwasser und schwarzes Flusswasser freundlich vermischen sollten, brodelt weiß die Gischt.
Fasziniert schauen wir auf diese Urgewalt. Mein Blick folgt einer Monsterwelle, die draußen im Meer entsteht, auf die Bucht zurollt, sich überschlägt, weiterrollt, von der nächsten riesigen Welle verfolgt wird, wie ein Teil die Steilküste trifft, die Felsen hinaufpeitscht und wütend gegen sie einschlägt, während der andere Teil in die Flussmündung hineinrollt und – immer noch meterhoch – weit und weiter ins Landesinnere jagt.
Ich bin fasziniert, aber allmählich wird mir auch bewusst: Da müssen wir durch. Wir werden auf die Ebbe warten, aber irgendwann in den nächsten Stunden werden wir den Bloukrans queren. Hier das Meer, da der Fluss und wir mit unseren Rucksäcken als Spielball mittendrin.
Ihr werden schwimmen!
»Day 4 is Bloukrans, and she can be a bitch!« Mit diesen Worten hatte uns die Rangerin zu Beginn des Abenteuers auf den schwierigsten Teil vorbereitet: »Ihr werdet schwimmen müssen!«
Dabei hatte ich geglaubt, die Hauptschwierigkeiten bereits vor einem Jahr gemeistert zu haben. So lange im Voraus wird nämlich das Buchungsportal geöffnet. Zwölf Personen pro Tag sind auf dem Otter Trail zugelassen. Mehr Betten gibt es in den Selbstversorgerhütten nicht. Wer am Stichtag nicht mit Reisepass und Kreditkarte parat am Rechner sitzt, darf sich keine Hoffnung auf ein Permit machen. Dass wir selbst ein paar Tage verspätet noch zwei Plätze buchen konnten, erscheint uns wie der Sechser im Lotto.
»Otter Trail, wir kommen!«, hatten wir damals gejubelt. Ein ganzes Jahr Vorfreude war uns sicher. Denn dass fünf Tage »Strandspaziergang« an der Garden Route nichts als das reine Vergnügen sein würden, stand für mich fest: technisch wenig schwierig, maximal sechs Stunden Gehzeit und ein Weg, der direkt an der Küste entlangführt, mal über malerische Felsrippen direkt an der Brandung, mal durch duftende Fynbos-Vegetation, mal oben an der Steilküste entlang mit weiten Blicken. Vielleicht würden wir sogar eine der Kapottern sehen. Die Altersbeschränkung und das geforderte sportmedizinische Gutachten hatte ich als bürokratischen Overkill eingestuft.
Drei Monate noch, dann vier Wochen. Nun sind auf kwathabeng.co.za die Gezeiten für Juni aktualisiert. Uns interessiert die Ebbe am dritten und vierten Tag. Denn da quert der Otter Trail die ins Meer mündenden großen Flüsse Lottering und Bloukrans.
Was sind wir doch für Landeier! Am Stichtag für die Bloukrans-Querung liegen beide Ebbe-Phasen in der Dunkelheit. Wir sind im Südwinter unterwegs, wandern an den kürzesten Tagen im Jahr und müssen die schwierigste Passage damit entweder eine Stunde vor Sonnenaufgang oder über eine Stunde nach Sonnenuntergang meistern. Schlimmer geht’s nimmer. Daher die freien Permitplätze!
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 2/2025 des trekking-Magazins.
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