Mit Schneeschuhen auf das Fellhorn
Reit im Winkl hat immer eine extra Schaufel Schnee parat. Das wissen Skifahrer schon lange zu schätzen. Doch auch abseits der Pisten finden Schneeschuhläufer viele Traumrouten durch die Chiemgauer Alpen. Norbert Eisele-Hein berichtet über einen besonderen Outdoor-Spaß im Winter.
Text/Bilder: Norbert Eisele-Hein
Anfangs fühlen sich die Bratpfannen an den Füßen etwas ungewohnt an und wir staksen breitbeinig und ungelenk wie John Wayne durch die verschneite Prärie. Doch schon bald erwischt uns die Trapper-Romantik voll und ganz. Je länger wir in dieses Wintermärchen stapfen, desto sicherer bewegen wir uns. Schon tauchen Szenen aus alten Jack-London-Büchern vor unseren Augen auf.
Reit im Winkl gilt als amtlich verbrieftes Schneeloch. Wie heißt es so schön im meteorologischen Fachjargon: »Das Phänomen der Kaltluftseen« sorgt für vermehrten Schneefall. Und in der Tat. Der Maserer Pass bildet im Winter häufig die Grenze. Diesseits dominiert Grün. Jenseits, im Mikroklima von Bayrisch-Sibirien, müssen Wintersportler für die letzten zehn Kilometer Schneeketten aufziehen und es herrscht häufig Powder- Alarm. Und seit Rosi Mittermaier 1976 bei der Olympiade in Innsbruck jede Menge Edelmetall abräumte, sind die Winklmoosalm und Reit im Winkl ohnehin ein stehender Begriff im Wintersport.
Doch fernab vom Skizirkus bietet Reit im Winkl auch Schneeschuhwanderern tolle Touren ohne Trubel. Rings um den Ortskern schrauben sich die Pfade langsam, aber stetig mehr als 1.000 Höhenmeter hoch zum Fellhorn, zur Hutzenalm und zum Dürrnbachhorn. Viele Schleifen machen auch noch einen kurzen Abstecher in den Kaiserwinkl auf Tiroler Territorium. Die Reit im Winkler hegen und pflegen ihre prämierten Wanderwege. Das Deutsche Wanderinstitut hat bereits fünf Sommerrouten und zwei Winterwegen den Premium-Status verliehen.
Von wegen Hemmersuppe – die Landschaft ist bezaubernd schön
Unsere Paradetour frequentiert zum Teil auch den ersten zertifizierten Premium-Winterwanderweg Deutschlands. Sie führt hoch zur Eggenalm, und für fitte und erfahrene Schneeschuhläufer sogar noch weiter zum 1.764 Meter hohen Gipfel des Fellhorns (je nach Lawinenlage). Genial: Ein Shuttlebus fährt im 30-Minuten-Takt hoch zur urigen Hindenburghütte, dem Startpunkt für diese Panoramatour.
Konditionell anspruchsvoller ist der Aufstieg natürlich ohne jede Hilfe vom Parkplatz in Seegatterl über die Nattersbergalm zur Hindenburghütte. Von dort führt der Pfad zunächst auf dem ersten Premium-Winterwanderweg Deutschlands nur mäßig ansteigend über die weitläufige Hemmersuppenalm. Ein Hochplateau, das nach ergiebigen Neuschneefällen wahrhaftig einem Winterwunderland gleicht.
»Ja, so eine Hemmersuppe«, entfuhr es den Bauern aus dem Tal früher spöttisch – ist der Hemmer, oder auch Weißer Germer genannt, doch ein arges Unkraut. Grün, knapp kniehoch und selbst für einen geduldigen Kuhmagen ungenießbar, brachte er den Almbauern im Sommer kaum Futter für das Vieh. Nach starken Regenfällen bilden sich in den vielen Mulden noch dazu große Pfützen, die in Bayern gerne mit dem Ausspruch »A so a Supp’n« bedacht werden. Damals gestattete die tägliche Mühsal der Almbauern nur selten einen schwärmerischen Blick in die paradiesische Landschaft. So wurde der Spott zum Namensstifter. Heute jedoch würden jene Unkenrufer angesichts solch winterlicher Pracht große Augen machen.
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 01/2016.