Die volle Dosis Bayern
Bergsteigerdörfer kommen ursprünglich aus Österreich und werden durch besondere Eckpunkte charakterisiert. Ramsau in den Berchtesgadener Alpen ist der erste Ort, der diese Auszeichnung in Deutschland verliehen bekommen hat. Für Nordlicht Björn Nehrhoff von Holderberg war es vor diesem Hintergrund eine ganz neue Erfahrung, dieses Wanderrevier zu erkunden.
Text/Bilder: Björn Nehrhoff von Holderberg
»Ramsau ist des erste deutsche Bergsteigerdorf«, erzählt mir der Herr von der Tourismuszentrale stolz, ohne jede weitere Erklärung, so als müsste jeder wissen, was das ist, ein Bergsteigerdorf. Da sich die Fragezeichen in meinem Gesicht wohl nicht schnell genug verflüchtigt haben, schiebt er aber alsbald eine Erklärung nach.
Das Projekt Bergsteigerdörfer kommt eigentlich aus Österreich, wo mittlerweile 20 Dörfer diese Auszeichnung tragen. Ideengeber ist der Österreichische Alpenverein. So ein Dorf wird charakterisiert durch hervorragende bergsportliche Möglichkeiten, eine gelebte Alpentradition und eine einzigartige, unverbaute Gebirgslandschaft. Letzteres liegt natürlich auch mir besonders am Herzen. Als Flachlandtiroler von der Küste stelle ich mir allerdings sofort die naive Frage, ob man nun rund um ein Bergsteigerdorf auch wandern kann, denn mit technischem Bergsteigen samt Seil und Metallgeklapper habe ich nichts am Hut. Fritz, wie der Herr von der Tourizentrale heißt, bestätigt mir aber sofort, dass es hier vorzügliche Wanderouten gibt. Und das will er unserer kleinen Gruppe in den nächsten Tagen zeigen.
Tour 1: Wimbachschloss und Wimbachklamm
Direkt von der noblen Unterkunft im Hotel Rehlegg mitten im Dorf Ramsau soll es heute erstmal zum Einlaufen auf einer gemütlichen Wanderung zum Wimbachschloss gehen. Die ersten Höhenmeter werden auf einer einsamen Asphaltstraße zurückgelegt, die allerdings bald endet und in eine Forststraße übergeht, die uns direkt in den einzigen deutschen Alpennationalpark, dem Nationalpark Berchtesgaden, leitet.
Es sind nur ein paar Schritte bis zum Eingang in die Wimbachklamm, für die Eintritt verlangt wird (1,50 Euro für Übernachtungsgäste mit Gästekarte, sonst 2 Euro. Das geht aber nicht direkt mit einer Münze, sondern mit einem Chip, den man sich ein paar hundert Meter davor einfach auf dem Bauernhof der Aschauer Familie besorgen kann. Gut angelegtes Geld, wenn man tiefe Schluchten und rauschendes Wasser liebt. Ein Holzsteg führt durch den tiefen Felseinschnitt, so dass man Einblicke bekommt, die sonst Canyoning-Sportlern vorbehalten bleiben würden.
Das klare Wasser springt über Absätze oder schlängelt sich durch enge Kurven. Zu allem Überfluss quillt das eiskalte Nass auch überall aus den seitlichenWänden. Es durchtränkt üppig-grüne Moospolster oder stürzt in feinen weißen Bärten durch enge Schlitze. An so viel visuellem Überfluss können sich die Augen kaum satt sehen.