Das asiatische Königreich Bhutan legt Wert auf Lebensglück wie kaum ein anderes. Damit nicht genug, soll die Königsfamilie einen begeisterten Mountainbiker und Trailbauer hervorgebracht haben. Unser Autor Martin Bissig hat ausgekundschaftet, was dieses verheißungsvolle Land Bike-Touristen zu bieten hat.

Viele Mythen umgeben das kleine Königreich Bhutan, das am Rand des Himalayas zwischen den Großmächten Indien und China liegt. Es heißt zum Beispiel oft, die Einreisevisa würden künstlich limitiert. Überall im Land seien auffällige Penissymbole als Wandgemälde oder Skulpturen zu finden. Im achten Jahrhundert habe ein Guru auf dem Rücken einer Tigerin den Ort erreicht, an dem später das berühmte Kloster Taktsang entstanden ist. Die Bhutaner seien besonders glücklich, da ihre Regierung das Bruttonationalglück höher gewichtet als das Bruttosozialprodukt. Und als wollte er die Sagen noch übertreffen, rief eines Tages mein Freund Tom Öhler an: »Ich habe gehört, der Prinz von Bhutan soll ein begeisterter Mountainbiker sein, der selbst Trails baut. Du warst doch schon öfter dort. Lass uns das mal auschecken.«
Willkommen zurück in Bhutan
Nach meinen Reisen in den Jahren 2007 bis 2010 bin ich nun zum fünften Mal in Bhutan. Bei meinem ersten Besuch war das Land noch frisch und unverdorben: Fernsehen und Internet waren erst acht Jahre zuvor eingeführt worden. Der König von Bhutan hatte sein Bestes getan, um sein kleines Volk vor westlichen Einflüssen zu schützen. Ich erinnere mich, dass mein Visum vom Oktober 2007 die Nummer 20.244 trug. Das Königreich wurde also in einem Jahr von nicht mal halb so vielen Touristen besucht wie heute das Disneyland in Kalifornien an einem Tag. Die Touristenströme wurden jedoch nie durch Kontingentierung begrenzt, sondern durch eine Nachhaltigkeitsgebühr pro Gast und Tag. Verglichen mit Nepal ist eine Reise nach Bhutan um einiges teurer und somit exklusiver.
Die Hotels damals waren zwar sauber, aber recht einfach ausgestattet. Wi-Fi? Fehlanzeige! Bereits das Autofahren auf den kurvigen, holprigen Straßen war ein großes Abenteuer. Belohnt wurde ich mit Exklusivität bei den Sehenswürdigkeiten und Klöstern sowie unglaublich offenherzigen und freundlichen Kontakten. Oftmals war ich mit meinem Guide und meinem Fahrer komplett allein unterwegs. Fahrradfahrer waren damals weit und breit nicht auszumachen.
Fast 20 Jahre später bin ich wieder hier, auf der Suche nach königlichen Trails. Tom ist bereits einen Tag vor mir in der Hauptstadt Thimphu angekommen. Über Instagram hat er Kontakt mit der lokalen Bikeszene geknüpft. Aus früheren Projekten wissen wir: Klemm dich ans Hinterrad eines Locals und du wirst die besten Trails der Gegend finden. Mit Tandin Wang haben wir einen hervorragenden Rider gefunden. Im ganzen zentralasiatischen Raum fährt er an der Spitze bei den Enduro-Rennen mit. Als Mountainbikeguide hat er mit Gästen ganz Bhutan erkundet. Sehr gute Voraussetzungen, um die besten Bikeloops zu entdecken.
…
