Green Velo Polen
Sie lieben die Stille? Verlassen gerne ausgetretene Pfade? Wie wäre esmit einer Radtour durch Ostpolen? In den letzten Jahren wurde dort die Green Velo ausgebaut. DerName ist Programm, denn die 2.000-Kilometer-Route führt durch fünf National- und 15 Landschaftsparks. Mehr unverbaute Natur erlebtman auf Europas Radwegen selten! Thorsten Brönner hat sich gen Osten aufgemacht.
Text/Bilder: Thorsten Brönner
Green Velo Polen: Bei dem klingenden Namen dachte ich an ruhige Sträßchen, die sich durch eine weite Landschaft ziehen. Ein Traum für jeden Radler! Meiner zerplatzt in diesem Moment. Vor ein paar Minuten bin ich in Malbork aus dem Intercity von Warschau gestiegen. Es ist zwar angenehm warm, die Sonne scheint vom leicht bewölkten Himmel, aber ich stecke in einem kilometerlangen Stau. Wo kommen die Autos alle her? Wo sind die markierten Wege? Ich erreiche den Fluss Nogat, einen Mündungsarm der Weichsel. Eine große Brücke führt hinüber ans westliche Ufer. Sie wird gerade repariert, daher der viele Verkehr. Ich biege in eine Seitenstraße ein. Es wird schlagartig ruhig.
Plötzlich taucht sie auf – die Marienburg. Klar zeichnet sich das rote Backsteingemäuer vom Grün der Wiesen und Bäume ab. Die Festung ist mit vier Mauerringen gesichert. An vielen Stellen ragen daraus massive Rund- oder Ecktürme auf. Sie behüten in ihrer Mitte die Marienkirche und das Hochschloss.
Den größten Backsteinbau Europas hat man oft belagert, zerstört und neu aufgebaut, das letzte Mal nach dem Zweiten Weltkrieg. Die ältesten Bauteile reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Unter dem Vorwand der Christianisierung drang der Deutsche Orden weit in den Osten vor und eroberte Ländereien bis hinauf ins heutige Estland. Die Marienburg war zeitweise der Sitz des Ordensstaats. All das ist längst Geschichte, aber der Ort strahlt noch immer etwas Faszinierendes aus. Kein Wunder, dass die UNESCO den Bau im Jahr 1997 zum Weltkulturerbe erhob.
Urwaldfeeling und Frisches Haff
Ich schiebe mein Rad über die Fußgängerbrücke. Am Ostufer reihen sich Holzbuden aneinander. Für Kinder gibt es Ritterrüstungen und Kunststoffschwerter zu kaufen, für die Eltern Schnaps. Mich zieht es nun auf die Green Velo, denn diese beginnt erst 32 Kilometer östlich, in der Stadt Elblag. Auf ruhigen Nebenstraßen steuere ich hinein ins einstige Ostpreußen. Auf der Landkarte sieht man gut den geraden Schnitt, mit dem die Siegermächte 1945 im Potsdamer Abkommen die Provinz in zwei Kuchenstücke teilten. Im Norden liegt heute der russische Oblast Kaliningrad, hier im Süden die polnische Woiwodschaft Ermland-Masuren. Die Woiwodschaften entsprechen unseren Bundesländern. Polen hat man ebenfalls in 16 Gebiete unterteilt.
Am Ortsrand von Elblag wird es still. Sehr still. Die Zweifel sind wie weggeblasen. Orangefarbene Radschilder schicken mich in einen urwüchsigen Wald. Dahinter führt die Green Velo im Zickzack hinunter ans Frische Haff. Das Gewässer ist 80 Kilometer lang und bis zu 18 Kilometer breit. Die Frische Nehrung trennt es von der Ostsee ab. Zwischen den Bäumen und Büschen öffnet sich alle paar hundert Meter ein Durchgang zum Wasser.
Es ist 20.30 Uhr und ein langer Anreisetag neigt sich für mich dem Ende zu. Ich halte an, spaziere zum handtuchbreiten Sandstrand und schaue über die Bucht. Im Nordwesten flammt der Himmel auf. Sein zartes Rot verschmilzt mit dem Haff. Herrlich! Der Osten Polens hat mich gepackt.
GPS-Daten | Länge 700 km | Webcode #7837 | GPX Track herunterladen
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