Schottland per Rad
Mystische Steinkreise, schöne Strände, alte Gemäuer und steile Gebirgsstraßen erwarten Radreisende in Schottland. Aber auch Mücken, Regen und Kälte im Hochsommer. Sandra Cammann ist vier Wochen lang mit ihrer Familie durch das Land der Schottenröcke geradelt.
Text: Sandra Cammann / Bilder: Henning Cammann
Links fahren. Atmen. Nach vorn schauen! Wir kämpfen seit unserem Start in Edingburgh mit dem Verkehr. Nun wuseln wir mit den Rädern durch die Stadt Perth in Richtung Norden. Zu spät wird uns klar, dass wir auf einer zweispurigen Schnellstraße gelandet sind. Sehnsüchtig schaue ich auf die rechte Seite, denn dort verläuft parallel zur Straße der Radweg, den wir trotz GPS-Gerät verfehlt haben. Bei der nächsten Gelegenheit wollen wir die »Autobahn« in zwei Etappen überqueren. Knapp schaffen wir es auf die andere Seite, aber unsere Beine sind danach weich wie Pudding. So geht das die nächsten Tage weiter: Autos schneiden uns, wir bekommen Anschub durch den Sog von Lkw, und ich denke jedes Mal: »Das war’s!«. Den Verkehr rund um die großen Städte haben wir definitiv falsch eingeschätzt. Schnell wird uns klar, dass wir den kürzesten Weg in die Einsamkeit und weg von den Haupttouristenstrecken finden müssen.
Abstecher in die Einsamkeit
Auf unserer Landkarte ist eine Bahnstation in einer Sackgasse im Moor eingezeichnet – die Rannoch Station. Die einsame Straße durch die Highlands dorthin ist für Radler ein Geheimtipp. Torfsümpfe, Wasserläufe, Tümpel und Seen prägen die unberührte Landschaft, die 300 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Zum ersten Mal genießen wir die Ruhe auf der Straße. Am Westufer vom Kinloch Rannoch sehen wir links dichten Wald und rechts die wunderschöne Seenlandschaft. An einem kleinen Strand schlagen wir unser Pausenlager auf. Die Kinder ziehen sich die Hosen aus und laufen vergnügt durch den See. Da macht es auf einmal »Platsch« und Felix schaut mich halb weinend, halb lachend an. Er ist pitschnass. Ich atme tief durch. Dann geht es zum Boxenstopp: alte Sachen aus, abtrocknen, neue Sachen an. Das geht fix, denn wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Frisch gewaschen und trocken gelegt, geht es weiter zur Rannoch Station.
Harry-Potter-Bahn
Rannoch Station gilt als einer der einsamsten Bahnhöfe des Landes, weil er an keine öffentliche Straße angebunden ist. Auf der 150 Kilometer langen West Highland Line fahren täglich zwei Züge. Die Eisenbahnlinie, die durch das Rannoch Moor führt, wurde als Anbindung zwischen Glasgow und Malaig gebaut. Der letzte Abschnitt ist durch die Harry-Potter-Filme bekannt geworden. Wir halten in Rannoch Ausschau nach einem Zeltplatz. Ein kleines Hotel ist das einzige Haus weit und breit mit einer perfekt gepflegten Rasenfläche davor. Henning und ich denken beide das Gleiche: »Hier könnten wir gut unser Zelt aufbauen.« Aber Pustekuchen. Der Hotelbesitzer erklärt uns im strömenden Regen den Weg zu einer zwei Kilometer entfernten Ruine »in the middle of nowhere«, an der auch schon andere Reisende ihr Zelt aufgeschlagen haben. Die raue Realität hat uns wieder. Henning checkt das Gebiet und ruft bereits von weitem: »Vorsicht Tretminen!« Definitiv haben also bereits vor uns verzweifelte Camper einen geschützten Schlafplatz hier gefunden. Schließlich steht das Zelt – unsere »Homebase« für Sicherheit und Tiefenentspannung.
Die vollständige Tourenbeschreibung lesen Sie in der Ausgabe 1/2016 des Bike&Travel Magazins