Nova Scotia klingt nach Neuland, und für Outdoor-Sportler ist es das auch. Nur wenige Radler und Wanderer begegnen uns während unserer sechstägigen Tour auf einer der berühmtesten Panoramastraßen Kanadas: dem Cabot Trail. Er führt uns entlang der nordöstlichen Küstenlinie Nova Scotias, mit herrlichen Ausblicken aufs Meer und auf die dicht bewaldete Hügellandschaft von Cape Breton Island.
Es fehlt eigentlich nur die Goldwaschpfanne und der Spaten, damit Jesús und ich uns als vollwertige Pioniere fühlen. Aufbruchstimmung in Baddeck auf Cape Breton Island: Die Akkus sind geladen, die Satteltaschen bis an den Rand gepackt. Die nächsten sechs Tage werden wir mit den Rädern unterwegs sein, der Küstenlinie folgen, die uns zu den schönsten Spots auf Cape Breton Island bringt.
Wo einem in Europa an jeder Ecke verrückte Outdoor-Sportler – meist Deutsche – begegnen, sind wir hier weitgehend allein auf weiter Flur: vereinzelte Pickups, Trucks und Sonntagsausflügler, zwei langhaarige Rocker mit Harley Davidson und wir.
»Wow, ihr macht den Cabot Trail mit dem Rad?« Wir sitzen im Café in Baddeck und gönnen uns vor der Abfahrt einen XXL-Pancake, der hier einfach nur Pancake ohne XXL heißt. Das Paar am Nachbartisch hat unsere Räder und das Gepäck entdeckt. »Yes, yes«, sagen wir lächelnd und winken bescheiden ab, wohlwissend, dass in Deutschland keiner aus dem Häuschen ist, wenn er hört, dass wir in sechs Tagen um die 350 Kilometer radeln – zumal mit E-Bikes. Hier hingegen taucht die Goldwaschpfanne schon wieder vor meinem inneren Auge auf: Judith, die Pionierin, die Abenteurerin, auf eigene Faust durch die Wildnis Kanadas – wenn auch mit sauberem Bettchen, Dusche und Dinner bei Einbruch der Dunkelheit.
Ich schaue hinaus auf den ruhig daliegenden Bras-d‘Or-See. Boote ankern im Hafenbecken, dahinter erhebt sich üppig grün Kidston Island.
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