Das Emsland im Nordwesten von Niedersachsen grenzt an die Niederlande. Das Radfahren ist hier genauso einfach und übersichtlich wie bei den fahrradverrückten Nachbarn. So lässt sich die vielfältige Region fast mühelos entdecken.
Leinen los! Kapitän Franz Bruns löst die Taue der MS Papenburg am Hafenkai. Dann macht er einen großen Schritt auf das ablegende Schiff, geht zum Steuerrad und hält Kurs auf die Eisenbahnbrücke:
»Ich kenne den Fahrplan der Bahn«, sagt Bruns. Dort, wo ich noch vor wenigen Stunden mit dem Zug das Hafenbecken überquert habe, hebt sich nun die Metallbrücke und gibt den Weg in den Sielkanal frei. Schon seit 30 Jahren fährt Bruns die Tour mehrmals täglich. Er kennt den Papenburger Hafen im äußersten Norden des Emslandes wie seine Westentasche. Wir schippern vorbei an großen Hallen und Kränen. Hier lagert Torf, das zu Blumenerde weiterverarbeitet wird. In Würfel gepresste Kunststoffabfälle als Überbleibsel unseres Konsums warten darauf, nach Skandinavien exportiert und thermisch genutzt zu werden. Gemahlener Asphalt liegt in großen schwarzen Haufen am Kai, um zu neuen Straßen recycelt zu werden. Hackschnitzelhaufen aus Sperrholz und alten Paletten türmen sich zu Bergen. »Böse Zungen behaupten, dass diese in Schweden wieder zu Möbeln gemacht werden«, kommentiert Bruns auf die norddeutsch trockene Art. Auf große Reise in alle Welt gehen die Luxusschiffe der Meyer Werft, die hier in riesigen Hallen gebaut werden. Meyers erstes Kreuzfahrtschiff, die Homeric, lief 1986 vom Stapel und löste eine fünf Meter hohe Flutwelle aus, die tausende Schaulustige bei diesem Spektakel nass machte. Bruns hat viel erlebt und kann daher viel erzählen. Die Coronapandemie hat seinem Business allerdings stark zugesetzt – an einer Eisenstrebe haftet ein Metallschild mit der Aufschrift »Touristenmagnet« – ein solcher will er wieder werden. Ich persönlich hoffe, dass seine Anekdoten noch vielen Touristen ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern.
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