Auf zwei Rädern durch den Garten Eden
Der Schweizer Radweg Nr. 1, die Rhone-Route, beginnt mit dem Furka-Pass – eine wahre Prüfung für die Waden, aber danach geht es bald 300 Kilometer bergab oder eben durch eine fruchtbare Bilderbuchlandschaft bis zum Genfersee. Norbert Eisele-Hein hat sich bei den Eidgenossen umgeschaut.
Text/Bilder: Norbert Eisele-Hein
Zugegeben – auch wir haben Obst gemopst. Aber der Sündenfall war vorprogrammiert, fast schon unausweichlich. Rotgolden glänzende Äpfel, saftige Birnen, Trauben zuckersüß, rot und weiß… wer in der Erntezeit durch den Garten Eden der Schweiz radelt, der bleibt nicht beim Müsliriegel. Schon allein deswegen hat die Rhone-Route, die Nationale Radroute Nummer Eins von Andermatt nach Genf, das Prädikat »Traumtour« verdient. Aber Vorsicht! Vor den süßen Lohn hat der liebe Gott die Müh’ gestellt. Und die fordert in Gestalt des Furka-Passes, gleich nach dem Startschuss, satte 1.000 Höhenmeter von den Waden.
»Mir ist’s unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste«, hat der vielgereiste Goethe schon 1779 in Andermatt verkündet. Aus gutem Grund: Im Westen ragen eisige Gipfelzacken, dominiert vom 3.586 Meter hohen Galenstock in den Himmel. Darunter leuchten sattgrüne Wiesen im ersten Morgenlicht. Heustadl wie aus dem Märchenbuch verleihen dem Gemälde dunkelbraune Tupfen. Noch dazu rattert der knallrote Glacier-Express im Talboden langsam ins Bild. Einziger Wermutstropfen: Die Radroute liegt noch im frostigen Schatten. Helmmütze, Handschuhe und Überhose kommen zu ihrem ersten und – so viel vorweg – ihrem einzigen Einsatz.
Von Null auf 25 Grad – im Thermometer herrscht Springflut
Am Ende des Urserentals (Bärental) bei Realp klettert die Sonne über den Gotthard-Pass. Im Nu hämmert sie wie ein Peitschenknall auf den makellosen Asphalt, macht dem Quecksilber Beine. Im Thermometer herrscht Springflut, es hüpft von knapp über Null auf höchst angenehme 25° Celsius. Die Rampe hoch zum Furka sorgt für einen weiteren Anstieg der körpereigenen Betriebstemperatur. Zum Glück wurden die weiten Schleifen hoch zum Pass gemach angelegt, so bleibt noch etwas Luft für das grandiose Bergkino ringsherum.
Schon 1865 wurde diese wichtige Handelsverbindung von den Eidgenossen ausgebaut. 1922 wurde der rege Postkutschenverkehr von Postautos abgelöst. Endlich oben auf der Passhöhe, reicht der Blick weit in die Walliser Alpen hinein. Zusätzlich sorgt ein Blick auf das Höhenprofil der Tour für ein breites Grinsen. 23 zugegeben knallharte Kilometer liegen hinter uns. Aber 296 Kilometer liegen vor uns, alle ohne nennenswerte Gegenanstiege. Die nächsten 20 Kilometer werden gar zum Härtetest für die Bremsen.
Den kolossalen Rhonegletscher sehen wir schon von weitem hinter dem berühmten Hotel Belvedere zu Tal stürzen. Ein Besuch der tiefseeblauen Eisgrotte ist ein Muss. Gut so, denn unsere Felgen glühen ohnehin. Hier entspringt sie also, die Rhone – die Patronin unserer Traumtour. Stürzt über blankpolierten Granit zu Tal und fließt fortan über 812 Kilometer zum Mittelmeer. Wir fliegen weiter zu Tal. Das Stundenmittel auf dem Tacho klettert in Windeseile nach oben. Im weiten Gomser Tal begleiten wir die Rhone, die hier im Kanton Wallis Rotten heißt, auf geschotterten Radwegen. In Ernen sind viele Bürgerhäuser mit Wappen und Fresken verziert.
einziger Reigen sakraler und profaner Baukunst.
Die vollständige Tourenbeschreibung lesen Sie in der Ausgabe 2/2015 des Bike&Travel Magazins