Radler, die Polens Hauptstrom, der Weichsel, folgen, dürfen sich auf unverbaute Landschaften freuen. Wer Offroadfahrten mit Gleichgesinnten liebt, kann am Event »WISŁA 1200« teilnehmen. 1.200 packende Kilometer führen von den Bergen der Beskiden im Süden bis zur Danziger Bucht.
Bereits am ersten Tag wird mir klar, diese Strecke siebt die Fahrer im Feld gnadenlos aus. Am Morgen sind wir bei Nieselregen über steil abfallende Schotterpisten gezogen. Hier ein Sturz, dort wird ein platter Reifen repariert. Unterwegs hält mir ein Radler sein Fahrrad hin, der Rahmen ist gebrochen. Für diesen Fahrer ist es »Game Over!« Jetzt beginnen auch bei mir im Kopf die Zweifel.
HOLPER- UND GENUSSWEGE
In einer langgezogenen Radler-Kolonne matschen wir uns über einen sumpfigen Wiesentrail. Die Räder versinken im Morast. Wie lange wir für diese Tortur brauchen? Keine Ahnung!
Die Stunden im Sattel dehnen sich in den nächsten Tagen, die kostbare Zeit für Pausen und Schlaf schrumpft auf ein Minimum zusammen. Das Tagesziel Krakau scheint in weiter Ferne zu liegen. Warschau markiert gerade mal die Halbzeit. Und bis zum Meer radeln? Bei diesen Bedingungen kaum vorstellbar. Ich breche die Reise in kleine Abschnitte auf der Landkarte herunter.
Nachdem der Wiesentrail gemeistert ist, watet der Tross der Biker im Wald durch Bäche und schiebt sein Gefährt über den groben Schotter eines Schienenstrangs. Nervös blicke ich in beide Richtungen. Hoffentlich kommt jetzt kein Zug!
Das ist unsere Challenge. Jeder muss durch solche harten Passagen, sehnt sich nach den Genussmomenten. Und die kommen immer wieder entlang der Weichsel. Ein neu ausgebauter Abschnitt des Flussradweges durch die Woiwodschaft Kleinpolen gibt uns einen Vorgeschmack auf die Zukunft. So wird die Route in ein paar Jahren aussehen. Von der Krone des Schutzdeichs geht die Sicht über das weite Land. Wiesen wechseln mit Baumgruppen. Sie sind umrahmt von Wäldchen und Dörfern.