Besondere Aussichten bietet der Radweg Great Western Greenway im Nordwesten Irlands. Auf dem E-Bike wird die raue Landschaft zwischen Meer und Moor zu einem Erlebnis mit allen Sinnen.
Der Wind ist an diesem Morgen sehr stark. Er zieht unentwegt an der Jacke, und die Kapuze am Rücken flattert wie ein Fähnchen hin und her. Die knorrigen Bäume scheinen sich zu verbeugen und salzige Meeresluft umweht ausgebauten Wege lassen sich Irlands Regionen nachhaltig und aktiv erkunden. Mittlerweile gibt es zahlreiche Greenways, und ihr Netz wird ständig erweitert.
Der Great Western Greenway, übrigens Irlands allererster Greenway, führt durch die Grafschaft Mayo am Wild Atlantic Way und verläuft 44 Kilometer um den östlichen und nördlichen Teil der Clew Bay herum. Der Radweg wurde von der New York Times zu einem der besten drei Radwege der Welt gewählt. Und so ist die Vorfreude groß, diesen zu erkunden.
Der erste Tritt in die Pedale, der Blick über die karge, weite Ebene und das tiefblaue Meer – und schon kann man verstehen, warum der Schriftsteller Heinrich Böll immer wieder hierherkam. Er liebte die Ruhe und Abgeschiedenheit und kaufte 1958 sogar ein Haus. Hier entstand sein irisches Tagebuch«. Das Buch beschreibt Irland zu einer Zeit, als es noch eines der ärmsten Länder Westeuropas war. Das ist zwar nun Geschichte und Irland zählt zu den wohlhabendsten Ländern Europas. Doch wer das Eiland am Atlantik erkundet, kann erahnen, wie es früher hier gewesen sein muss. Die Abgeschiedenheit und Schroffheit der Insel, ihre breiten Strände und steilen bis zu 400 Meter hohen Klippen sind bis heute geblieben – und wohl der Grund, warum es immer wieder Schriftsteller und Künstler hierher zieht.
Dermot Sheehan vom Westport Electric Bike Hire verteilt die E-Bikes in E.T Sweeney’s Garage an der Brücke, die Achill Island über den Achill Sound mit dem Festland verbindet. Und dann geht es auch schon los. Der Wind weht anfangs von hinten und gibt ordentlich Schub, sodass das E-Bike fast wie von selbst fährt. Die Sonne scheint, und der Blick streift über die weite Ebene aus Weiden und Torflandschaften, das von kleinen Prielen und Bächen durchzogen ist. Eine steile, fast halbrunde Brücke führt über den kleinen Cartron River, bevor der Greenway dann wieder gemächlich und ohne größere Steigungen oder Kurven durch die Landschaft führt.
TORF ALS KLIMASCHÜTZER
Es ist genügend Zeit vorhanden, um einen kleinen Abstecher zum Ballycroy-Nationalpark zu unternehmen, wo der Guide Michael Chambers ein wenig über die Landschaft und ihre Entstehung erzählt: »Der Nationalpark ist mit 117,79 Quadratkilometer eines der größten Regenmoore Europas. Die gesamte Westküste wurde durch das Gletschereis geformt, und noch vor rund 9.000 Jahren war die Region fast komplett bewaldet.« Das habe sich mit den Siedlern vor circa 6.000 Jahren geändert. Heute sei ein Großteil der Fläche mit Torfmooren bedeckt. In diesem ökologischen Nischengebiet leben seltene Tier- und Pflanzenarten. Singschwan, Flussuferläufer, Kornweihen und Waldschnepfen wohnen hier; das Moorschneehuhn und der Goldregenpfeifer brüten regelmäßig. Außerdem sind hier Otter, Schneehasen, Dachse und Rotfüchse heimisch. »Diese Torfschichten, sind sehr, sehr langsam gewachsen – rund einem Meter in tausend Jahren«, erklärt Michael Chambers und zeigt auf die rund eineinhalb Meter hohe Torfwand im Küstengebiet.
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