Kajakfahrer lieben sie, die wilde Ardèche-Schlucht im Süden Frankreichs. Aber während sich im Wildwasser-Canyon die Boote stauen, gibt’s oben für Biker freie Fahrt auf den einsamen Naturwegen der Monts d‘Ardèche.
Rückblick: ein Jahr zuvor. Ich bin in die Ardèche-Region gereist, die ich nur vom Kajakfahren kannte, um diese mit dem Mountainbike zu erkunden. Manuel, mein Begleiter, zeigte mir seine Geheimtipps. »Die meisten Menschen kommen wegen der Flüsse – und davon wollen achtzig Prozent mit dem Kajak die Gorges de l‘Ardèche herunterfahren«, sagte Manu. Die berühmte Kalksteinschlucht ist im Sommer aber oft derart überlaufen, dass es an den Stromschnellen zu regelrechten Staus kommt. Wir in den Bergen hatten dagegen tagelang freie Fahrt. Die Trails waren traumhaft leer.
Nach einer Woche auf dem Bike im Südteil der Region, wo die einsamen Monts d’Ardèche in die noch einsameren Cevennen übergehen, war mir klar: Ich muss unbedingt wiederkommen und auch den Norden kennenlernen, genauer: Die Region Ardèche Hermitage, die nur eine Stunde südlich von Lyon liegt. »Und bring dein Gravelbike mit«, hatte Manuel gesagt: »Wir haben hier gerade die letzten Schilder für eine Gravel-Durchquerung der gesamten Ardèche angeschraubt«, erzählt er stolz.
Vier Monate später schaufle ich mir ein paar Tage frei. Mein Kumpel Sven und ich packen die Räder in den Van und wir machen uns von Freiburg aus auf gen Süden. Die ganz große Gravel-Durchquerung wird es nicht werden, dafür fehlt uns die Zeit. Dafür hat Manus Kumpel Bruno aus Tournon-sur-Rhône eine andere Idee für unsere viertägige Gravel-Eskapade.
Aber erst mal genießen wir das südländische Flair in der Altstadt von Tournon, die direkt an Frankreichs größtem Fluss liegt. Abends schlemmen wir in einem Bootsrestaurant, das auf den Wellen der Rhône schaukelt, während sich ein Gewitter über dem Städtchen entlädt, das sich wirklich gewaschen hat. Der Regen prasselt auf das Blechdach des schwimmenden Restaurants, als hätten sich die Schleusen des Himmels geöffnet – aber unsere Gastgeberin Nathalie zaubert breit grinsend und ganz gelassen einen guten Wein nach dem nächsten hervor.
Gut, dass unsere Tour am nächsten Tag erst mal einige Kilometer flach entlang der Rhône führt: gemütlich einrollen. Das Unwetter hat sich verzogen, der Himmel strahlt blau über Südwestfrankreich. Unser Plan für die nächsten Tage ist bestechend einfach: Wir folgen der Strecke des Radrennens »Ardèche Gravel«, weshalb uns auch Bruno und Daniel auf den ersten Kilometern begleiten, die dieses Bikepa-cking-Event 2023 im Auftrag des Départements ins Leben gerufen haben.
Das Rennen ist 194 Kilometer lang, ein echtes Brett: Vom Start in Tournon-sur-Rhône geht es über anspruchsvolle Strecken mit insgesamt 3.800 Höhenmetern – und zwar am Stück. »Warum tut ihr euch das eigentlich an?«, will ich von Bruno wissen. »Es ist ein Abenteuer«, erwidert der lakonisch. Klar, logisch. »Weil‘s Spaß macht!«, ruft Daniel, bevor er aufs Rad springt. Na dann, los geht‘s.