Der Nordosten Bayerns empfängt Radler mit einem weit verzweigten Routennetz. Hier entspringen der Main, die Eger, die Saale und die Haidenaab. Das Fichtelgebirge ist voller Überraschungen. Ein Radweg führt nach Entenhausen, ein anderer zu einem Felsenlabyrinth.
Den Eger-Radweg muss man sich auf dem ersten Abschnitt erkämpfen: Ich bin im Nordosten Bayerns, nahe der tschechischen Grenze. Mein Fahrrad holpert über einen badehandtuchbreiten Wiesenstreifen. Das Ufer des jungen Flusses daneben ist mit Büschen und niedrigen Laubbäumen zugewuchert. Seit eineinhalb Stunden folge ich der Eger stromaufwärts, seit Hohenberg an der Eger ist es still. Kein Dorf, keine Autos. Nur das Klappern der Packtaschen ist zu hören.
WASSERREICH UND HOBBITHÖHLEN
Die Eger ist einer von vier Flüssen, die im Fichtelgebirge ihre Reise beginnen. Jeder enteilt in eine andere Richtung. Der Fluss an meiner Seite steuert ostwärts nach Tschechien, wo er unter dem Namen Ohře durch Böhmen zieht. In die Gegenrichtung fließt der Weiße Main; die Saale wandert nordwärts zur Elbe. Und die Haidenaab verschlägt es nach Süden, hin zur Donau. Allen vier Oberläufen möchte ich in den nächsten sieben Tagen nachgehen. Was ich noch nicht ahne ist, wie viele Überraschungen unterwegs an der Strecke warten.
Am Ortsrand von Weißenstadt wartet die erste. Dort führen auf einer Wiese mehrere Kellereingänge in die Unterwelt. Steinmauern fassen hölzerne Türen ein. Sie erinnern an die Wohnhöhlen der Hobbits aus den Verfilmungen der Bücher von J. R. R. Tolkien. Kerstin Olga Hirschmann ist wohl die beste Kennerin dieses verborgenen Reichs von Weißenstadt. Die Chefin der Tourismusinformation möchte mir einen der Keller zeigen. Frau Hirschmann sperrt eine Tür auf und erzählt »Bei uns gibt es heute 130 Keller. Einst waren es über 200.«