Wattenmeer und Moor, Kanäle und Flüsse: Im Norden der Niederlande gibt es jede Menge Wasser – und viele Radwege. Auch deswegen lässt sich Friesland gut mit Rädern erkunden. Bei den Touren entdeckt man urige Orte, weite Nationalparks und blökende Hindernisse.
Zuerst erkennen wir am Horizont nur zwei dunkle Punkte. Doch obwohl sie noch ein ganzes Stück entfernt liegen, sehen wir sie immer deutlicher. Immerhin befindet sich unser Ziel oben auf einem Deich – und das niederländische Land davor ist so flach, dass unserem Blick nichts im Weg ist. Je näher wir heranradeln, desto genauer werden die Umrisse sichtbar, bis wir schließlich direkt davor stehen: Es sind zwei riesige Frauenfiguren aus Metall.
Die eine Dame ist ausladend rund, die andere eher hager. Beide aber wenden uns erst einmal ihre Hinterteile zu, denn sie schauen nach vorne Richtung Küste. Passenderweise hat der friesische Künstler Jan Ketelaar diese fünf Meter hohen Skulpturen »Wachten op hoog water«, also »Warten auf Flut«, genannt. Auch wir wollen das Panorama auf uns wirken lassen und stellen uns zwischen die Frauen. Vor uns sehen wir nur flaches, unbewohntes Land und dahinter das weite, weite Wattenmeer.
Wir atmen tief ein. Die Luft riecht nach Salz und Meer. Fantastisch! Eine lange Rast wird es trotzdem nicht. Schon kurze Zeit später setzen wir uns wieder auf unsere Räder und fahren runter vom Deich – der Wind pfeift uns zu stark oben bei dem ungewöhnlichen Kunstprojekt nahe dem Dorf Holwerde. Hinter dem Deich jedoch, wo der Radweg verläuft, ist es gleich deutlich geschützter. Und weil es in dieser friesischen Landschaft auch weiterhin keine nennenswerten Erhebungen gibt, wird es eine gemächliche Etappe von Fischerort zu Fischerort.
NATIONALPARK DE ALDE FEANEN
Dennoch müssen wir auf den Weg achten, denn wir sind auf der Strecke nicht allein: Auf den Deichen sind Dutzende, wenn nicht Hunderte Schafe unterwegs. Sie sind so etwas wie lebende Rasenmäher und gelten daher als wichtige Landschaftspfleger. Tatsächlich sehen wir viele, die umherlaufen und unermüdlich fressen. Andere hingegen gönnen sich eine Pause und haben sich hingelegt – manchmal direkt auf den Weg. Wenn wir angeradelt kommen, beobachten sie uns zwar lange, lassen sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Erst im letzten Moment springen einige von ihnen doch zur Seite und schicken uns gern noch ein empörtes Blöken hinterher.
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