Radtouren gibt es im Rosenheimer Land viele. Sie bewegen sich im anregenden Hügelland vor den Bergen, sie umrunden die Seen, folgen den Flüssen und verlaufen sogar in einem eiszeitlichen Seebecken. Mehr Abwechslung geht nicht.
Ab in den See!«, denke ich mir, schwinge mich in den Sattel und rolle durch die Lindenallee von Wilparting bergab nach Osten. Bis zu unserer Haustüre wird das Rad fast von alleine laufen. Das ist der große Vorteil, wenn man auf dem Grund eines Sees wohnt. Entweder man radelt angenehm flach nach Hause oder sogar bergab. Dass der See nur noch in den Köpfen und Karten der Geologen existiert, spielt dabei keine Rolle.
In der letzten Eiszeit hatte der mächtige Gletscher aus dem Inntal große Moränenwälle vor sich hergeschoben und beim allmählichen Abschmelzen am Ende der Eiszeiten einen riesigen See gebildet.
»So groß wie der Bodensee« sagen die Experten. Die Stadt Rosenheim und ein beachtlicher Teil des Landkreises waren damals Seefläche. Auf Höhe des heutigen Wasserburg brach der Moränendamm dann und mit einem Schwupps war der See weg. Geblieben ist ein großes, flaches Becken. Für einfache Radtouren ist das Seebecken wie geschaffen. Anders als sonst im Alpenvorland geht es ohne Höhendifferenz dahin. Die Blicke sind weit, immer ist irgendwo ein Kirchturm als Orientierungspunkt zu sehen und das Geräusch von klirrenden Maßkrügen aus dem nahen Biergarten zu hören – der Seegrund ist bester Siedlungsraum und so fährt man von Dorf zu Dorf, von Städtchen zu Städtchen. Mittendrin im Ex-See liegt Rosenheim, die größte Stadt im Umkreis.
WO DER GEGENWIND EINEN NAMEN HAT
Möchte man als Radfahrer das flache Seebecken genießen, radelt man zum Beispiel von Rosenheim am Inn entlang bis zur österreichischen Grenze bei Kufstein. Der Radweg führt lange am Damm entlang, teils hat man sogar die Wahl, auf welcher Flussseite man fahren möchte. Wer Hunger oder Durst bekommt, biegt in einen der Orte ab. Neubeuern und Nußdorf auf der Ostseite bieten sich an. Für Neubeuern mit seiner weithin sichtbaren Burg, mit dem Häuserensemble um den historischen Marktplatz und den schönen Lüftlmalereien muss man allerdings ordentlich in die Pedale treten, denn die Burg und der Ortskern liegen hoch oben über dem Inntal auf einem Felsenhärtling.