Winter-Weitwandern mit Gerlinde Kaltenbrunner
Gerlinde Kaltenbrunner zählt zu den erfolgreichsten Höhenbergsteigerinnen aller Zeiten: Sie ist als erste Frau ohne Flaschensauerstoff auf alle Achttausender der Erde gestiegen. Bei einer Winterwanderung durch Tirol verrät die ausgebildete Krankenpflegerin, was sie zum Expeditionsbergsteigen motiviert und warum ihr Rekorde nichts bedeuten.
Unter Alpinisten ist Gerlinde Kaltenbrunner eine Legende. Als erste Frau stand sie ohne Sauerstoffflasche im Rucksack auf allen 14 Gipfeln der Achttausender dieser Welt. Und kehrte stets ohne Erfrierungen mit allen zehn Fingern und zehn Zehen zurück.
Das Bergsteigen auf die ganz hohen Berge hat sie hinter sich gelassen; die Natur ist ihre Welt geblieben. »Ein achtsamer, respekt- und liebevoller Umgang mit der Natur und allen Wesen ist der Grundpfeiler ihres Lebens«, so steht es in der Biografie auf ihrer Website. Und das spürt man auch, wenn man bloß als Wanderin mit ihr unterwegs ist.
Letzten Dezember konnte ich sie bei einer einfachen Winterwanderung in der Region Seefeld in Tirol begleiten. Zusammen mit Journalisten aus Deutschland und Österreich stapfen wir durchs eingeschneite Tiroler Leutaschtal. Rund 20 Kilometer nordwestlich von Innsbruck zieht sich »d’Luitasch«, wie Einheimische es nennen, etwas abseits der Durchgangsroute zwischen Seefeld und Mittenwald. Mit seinem breiten Talboden bietet es die idealen Bedingungen zum Winterweitwandern – auf Wunsch auch mit Gepäcktransport. 16 Kilometer und rund 200 Höhenmeter liegen vor der Gruppe. Eine von vier Etappen auf dem ersten winterlichen Weitwanderweg durch Tirol.
Für Gerlinde Kaltenbrunner muss das doch ein geradezu lächerlicher Spaziergang sein, auf unserem Weg, so breit wie eine Unterführung an einem deutschen Hauptbahnhof. »Gar nicht«, sagt sie. »Obwohl ich das Extreme liebe, mache ich genauso gerne einfache Touren. In der Stille der Natur den eigenen Gedanken zu lauschen ist etwas Wertvolles für mich.«