Inmitten des Nordatlantik recken sich die Färöer-Inseln wie grüne Haifischflossen aus dem Meer empor. Eine beeindruckende Schroffheit prägt das dramatische Landschaftsbild, wo Wind und Wetter die bestimmenden Faktoren sind, nach denen sich alles richtet. Martin Hülle und Nina Wilms wagten sich mit ihrer dreijährigen Tochter auf unwegsamen Schafspfaden zu entlegenen Zipfeln und stellen einige Wanderrouten vor.
Meine schlimmste Befürchtung tritt nicht ein. Die 30-stündige Fährfahrt auf die Färöer ist harmlos. Aber es hätte auch anders kommen können – ein wilder Wellenritt voller Übelkeit. »The Land of Maybe« erreichen wir im Nebel. Wie auch sonst, alles andere würde uns überraschen. Verregnet ist das Olavsfest, der Nationalfeiertag. Menschen in bunten Trachten erhellen an allen Ecken das triste Wetter und bescheren uns einen schönen Einstieg in dieses Land. Vor Regen geschützt essen wir Fish ‘n’ Chips, im Hintergrund spielt eine Blaskapelle. Nach einer ersten Wanderung von der Hauptstadt Tórshavn hinüber zum alten Bischofssitz in Kirkjubøur, bei der es trocken ist und uns die gerade einmal zweistelligen Temperaturen gar nicht so kalt erscheinen, fahren wir mit dem Auto über Brücken und durch Tunnel zu den Nordinseln, wo wir uns auf dem Klaksvíker Zeltplatz – direkt hinter dem Kindergarten – für ein paar Tage häuslich einrichten.
Wechselhaftes Wetter
An ihren äußersten Kanten säumen schmale Straßen die Eilande und führen zu entlegenen Dörfern, die oftmals nur aus einer Handvoll Häusern bestehen, die verwittert dem launischen Wetter trotzen. Der Weg nach Viđareiđi, der nördlichsten Siedlung auf den Schafsinseln, führt durch düstere, einspurige Tunnel, hinter denen wir immer froh sind, wieder Licht zu erblicken. Doch leider bleibt uns der Aufstieg zum gut 750 m hohen Kap Enniberg, der Nordspitze Viđoys, von tiefhängenden Wolken verwehrt. Die Sonne blinzelt hervor, Berge verhüllen sich wieder, es regnet. Nirgends habe ich bisher so rasche Wetterwechsel erlebt.
Beste Reisezeit: Von Ende Mai bis Anfang September. Das Klima ist ozeanisch – mit kühlen Sommern und milden Wintern. Wetterwechsel finden rasend schnell statt und man muss mit allem rechnen: Regen, Nebel, Sturm und auch mal Sonnenschein. Mehr als 12 bis 14 Grad werden es auch in den wärmsten Monaten meist nicht.
Campingplätze sind rar auf den Färöern. Nicht lohnend, bei einem so geringen Touristenaufkommen. Die meisten sind Durchreisende auf dem Weg nach oder von Island, die nur einen zweitägigen Stopp einlegen. Wer länger bleibt, erntet fragende Blicke der Einheimischen. In Elduvík schließlich finden wir einen weiteren Platz zum Verweilen. Fast ein Idyll, wenn wenig ausreicht. Das Zelten dort ist umsonst. Dafür gibt es kein heißes Wasser. Und auch keine Dusche. Nur das Dorf-Klo.
Dann lockt Gjógv, ein weiteres Dorf, in dem sich die kleinen Häuser dicht aneinander drängen. Hauptattraktion des Ortes ist eine Kluft, eine Art natürlicher Hafen, in der Boote geschützt vor den chaotischen Wellen eines tosenden Meeres anlanden und per Seilwinde auf eine Rampe gezogen werden können. Wir drehen eine Runde, sehen Seevögel und verziehen uns vor dem aufkommenden Nieselregen ins Hotel Gjáargarđur, wo der Kaffee den Charme einer Drückekanne geschmacklich auf unsere Gaumen zaubert.
Wind und Wetter bestimmen alles. Vielleicht fährt morgen die Fähre, vielleicht klappt dann eine weitere Wanderung. Vielleicht stürmt und regnet es aber auch oder es ist bis auf Meereshöhe nebelverhangen. Kanska (vielleicht) – wie der Färinger zu sagen pflegt… Unser nächster Stopp ist die Insel Vágar, von der wir ein paar Tage später mit dem Schiff von Sørvágur nach Mykines übersetzen. Und auf der Fährfahrt zu dieser westlichsten Insel der Färöer passiert es: mir wird kotzübel. Nach einer knappen Stunde bin ich froh, als wir endlich ankommen auf dieser autofreien Insel. Noch beklommen steige auch ich die Treppenstufen vom Anleger empor ins gleichnamige Dorf und zu unserer Herberge. Als sich mein Magen wieder beruhigt hat, erkunden wir die Gegend und sind uns rasch einig – es ist der schönste Fleck bisher.
Zurück auf Vágar wandern wir zum Wasserfall Bøsdalsfossur, der sich von dem See mit zwei Namen 50 Meter senkrecht ins Meer stürzt. Je nachdem, wen man fragt, heißt der größte See der Färöer entweder Sørvágsvatn oder Leitisvatn. Aber egal. Durch den Mauttunnel unter dem Vestmannasund geht es zurück auf die Hauptinsel Streymoy, auf der wir uns mal wieder in Tórshavn gemütlich einrichten …
Text/Bilder: Martin Hülle
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 01/2014.