Mit dem Biosphärenguide auf dem Moorlandschaftspfad durch das Entlebuch
Karge Hochmoore, blumenübersäte Flachmoore, grüne Alpweiden und schroffe Berge bestimmen die größte Moorlandschaft der Schweiz in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch. Auf dem 80 Kilometer langen Moorlandschaftspfad erleben Wanderer auf fünf Etappen die mystische Welt der Moore in einer der wildesten, einsamsten und schönsten Ecken der Schweiz.
Während der Fahrt im Postbus wird mir bewusst, wie sehr sich das Entlebuch, im Südwesten des Kantons Luzern gelegen, vom Rest der Schweiz unterscheidet. Angestrengt spitze ich die Ohren, versuche zu enträtseln, über was sich die Einheimischen so angeregt unterhalten. Vergeblich. Obwohl mir die Schweiz dank meines Schweizer Großvaters sehr vertraut ist, muss ich mir eingestehen, dass ich im Entlebuch absolutes Neuland betrete. Die Entlebucher Mundart ist so ursprünglich wie die Gegend, in der sie gesprochen wird. Beim Blick aus dem Fenster wird es rechter und linker Hand der Straße mit jedem Meter enger und wilder. Ich bin mittendrin im »Wilden Westen Luzerns«, wie das Entlebuch gerne bezeichnet wird.
LICHT VERWANDELT DIE LANDSCHAFT IN EINE ABENTEUERLICHE LEINWAND
Von Marbach aus schwebe ich mit der Gondel hinauf auf die auf 1.550 Metern gelegene Marbachegg zum gleichnamigen Berggasthaus. Und endlich sehe ich sie, die Schrattenflue, das eindrucksvollste Karstgebirge der Biosphäre. Wie eine gewaltige Wand türmt sich der sechs Kilometer lange Gebirgsstock aus dem sanft gewellten Tal. Die zerklüfteten Schrofen schimmern in allen möglichen Grüntönen. In den Schatten der Kluften zeichnen sich kontrastreiche, bizarre Muster ab. Ein derartiges Felsenrelief habe ich schon einmal gesehen: Verblüffend, wie sehr mich die Schrattenflue an die Steilküste der Na Pali Coast auf Kauai (Hawaii) erinnert.
Immer wieder brechen Sonnenstrahlen durch die Wolken, die Berge sind in einem Augenblick flau, im nächsten zeichnen sich gestochen scharfe Konturen ab. Das Licht ist der Meister der Landschaft. Es verwandelt die Landschaft in eine abenteuerliche Leinwand, die uns zum Entdecken ruft – auf Hawaii oder hier im Entlebuch.
Es gibt Landschaften, die eine unbeschreibliche Faszination besitzen, die einen geradezu magisch anziehen. Moore gehören zweifelsohne dazu. Beim Entlebuch waren es zuerst die Berge, die mich in den Bann zogen. Seit ich Bilder von diesen wilden, schroffen und zerklüfteten Bergspitzen gesehen habe, hat mich diese Landschaft nicht mehr losgelassen. Jetzt erblicke ich sie mit meinen eigenen Augen und kann mich schier nicht sattsehen.
Nachts stehe ich lange am Fenster meines gemütlichen Zimmers in der Marbachegg, die Kamera aufs Stativ geschraubt, und blicke in den sternenübersäten Himmel. Es ist Mitte August, Höhepunkt der Perseiden-Sternschnuppen. Leider muss ich ohne Wunsch zu Bett gehen. Doch das Himmelsschauspiel, zu dem ich um 6 Uhr erwache, macht die sternschnuppenfreie Nacht wett: In zartseidenen Tönen von Hellblau über Rosa bis hin zu Orange, Rot und Gelb leuchtet die Morgenröte über dieser fantastischen Bergwelt.
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