Bis zu 300 Meter tief schneidet sich die Schwarza in den Schiefer. Sie ist einer der letzten, in großen Strecken naturnahen Gebirgsflüsse Thüringens – und ein Juwel für Wanderer, nicht nur, weil im Wasser Gold glänzt.
Feine Äste, von manchen blättert noch Birkenborke, täfeln ein Schachbrettmuster an das Borkenhäuschen. Auf knappe Rucksackbreite zurechtgesägt, dann quadratweise abwechselnd senkrecht und waagerecht festgenagelt, fügen sie sich aneinander und machen es so richtig gemütlich. Vorn ist die Hütte offen. Dort saust Katharina Eichhorns Blick vom Trippstein über das Thüringische Schiefergebirge, bevor er sich in den Talgrund wagt: Tief eingekerbt umschlingt die Schwarza einen länglichen Bergsporn. Darauf thront Schloss Schwarzburg, umspielt von den Häusern des gleichnamigen Örtchens. Mit Türmchen, geschnitzten Giebeln und Geländern, hervorspringenden Erkern und überdachten Veranden erzählen Fachwerk-Villen von früher. »Betuchte Sommerfrischler entflohen dem Fabrik-Qualm der Städte, um sich hier im Grünen zu erholen«, sagt Katharina, die aus Oberweißbach kommt. Die Zeiten änderten sich: Zwei Kriege und eine DDR später leerte sich manches Haus und verlottert nun vor sich hin. Das Ferienziel mutierte von hip zum eher verschlafenen Geheimtipp.
Doch das Naturschauspiel entlang der Schwarza hat nichts von dem eingebüßt, was Goethe 1781 beschrieb: »Von Schwarzburg auf Blanckenburg ist ein fürtrefflicher Weeg der Schwarze nach, durch ein tiefes Thal zwischen Fels und Wald Wänden.« Auch wenn ein mut-maßlicher Tornado 2018 ganze Hänge rasierte. Dies offenbart sich eindrucksvoll und ein biss-chen an Death Valley erinnernd von Klippen und Aussichtspunkten wie Fürstenstand, Teufelstrep-pe und Griesbachfelsen. Wo sich die Schwarza windet, ist von oben nur zu erahnen. Daran, wie die Höhenrücken ineinanderlaufen. Nach Nordosten schieben sich die Buckel wie ein Vor-hang etwas zur Seite und lassen durchblicken auf Bad Blankenburg, das Tor zum Schwarzatal. Ganz hinten, dort wo Schlote im Rudolstädter Ortsteil Schwarza aufragen, mündet der Fluss in die Saale.
DEM ROTEN DREIECK HINTERHER
Bis dahin strömt sein Wasser 53 Kilometer, nachdem es östlich von Scheibe-Alsbach am Rennsteig aus einer Bruchspalte stieg. Immer mit sechs Grad Celsius. An der Quelle hat der Panoramaweg Schwarzatal noch nicht ganz die Hälfte zurückgelegt. Er umrundet das Tal mit dem Lauf der Schwarza. Auf 136 Kilometern und etwa 3.300 Höhenmetern – genug für sieben bis acht Wandertage. Zertifiziert als Qualitätsweg Wanderbares Deutschland, beginnt und endet er an der Mündung, klettert vom Saaletal einem roten Dreieck hinterher auf den Kamm des Thüringer Waldes. Bei Kilometer Sechs betritt er am kräftig rauschenden Chrysopraswehr den Schlund: Die Hänge beider Ufer rücken dicht aufeinander zu, zwingen die Schwarza, um das harte Felsgestein zu kurven.
Vorbei am Jagdschloss Eberstein erreicht der Panoramaweg vier Kilometer später die vielleicht schönste Flusspassage: Felsen engen die Schwarza ein. Ihr Wasser hüpft gurgelnd über Schieferbrocken, in die Kiesel, die in Strudeln kreiselten, über Jahrtausende runde Vertiefungen mahlten, sogenannte Strudeltöpfe. Besonders reizvoll ist der Anblick, wenn sich die Sonne durchs frische Buchenlaub mogelt und das Wechselspiel aus glänzend geschliffenem Stein und moosgekrönten Spitzen beleuchtet.
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