Zwischen romantischer Vorstellung und rauer Realität
Dankbar sein, Demut lernen und das Leben wertschätzen – Sabrina Stadler nimmt eine Auszeit auf einer abgeschiedenen Alm zwischen Tegernsee und Schliersee und lebt einen Almsommer lang als Sennerin.
Text: Sabrina Stadler / Fotos: Alpenregion Tegernsee-Schliersee, Dietmar Denger
So viele Menschen wie noch nie zieht es in die Berge. Doch was erhoffen sie sich dort zu finden? Warum nimmt man oftmals weite Anreisewege auf sich? Stressige Parkplatzsuche? Schweißtreibende Anstiege?
Die Antwort liegt auf der Hand: Oben angekommen bietet die Bergwelt Ruhe und Weite im Gegensatz zur Hektik und Enge des Alltags.
An keinem anderen Ort erlebt man so viel Nähe zur Natur wie in den Bergen. Das sanfte Kitzeln des Windes in den Haaren, der Klang der Kuhglocken auf den Almwiesen, der Duft nach Wiesenkräutern und frisch geschlagenem Holz, die surrealen Wolkengebilde vor dem Aufziehen des Sommergewitters und ebenso die unbarmherzige und eiserne Stärke der Elemente, das Ausgeliefertsein und Sich-Klein-Fühlen. Die Berge sind Ressource und Lehrmeister zugleich. Hier ist die Welt noch in Ordnung.
Ebendiese Sehnsucht brachte mich dazu, mir einen Sommer lang meinen Mädchentraum zu erfüllen. Ich verbrachte den Sommer auf einer Alm hoch oben zwischen Tegernsee und Schliersee und betreute dort allein mit meinen beiden Hunden die Almwirtschaft mit 33 Kalbinnen und Ochsen.
Es muss nicht immer das große Sabbatical sein, oftmals reichen schon die kleinen Genussmomente im Alltag, um wieder in Balance zu kommen.