Sentiero Della Pace

Auf dem Friedensweg durch Norditalien

Der Friedensweg folgt als historisches Denkmal der Front des Ersten Weltkriegs durch das Trentino und Südtirol und verbindet Naturerlebnis und denkwürdige Geschichtslektion.

TEXT/BILDER: ANNIKA MÜLLER

Grillen zirpen, was das Zeug hält. Der Ledrosee und der Gardasee funkeln um die Wette. Nur ein paar Wolkenfetzen durchbrechen das perfekte Blau des Nachmittagshimmels. An solch einem idyllischen Tag ist es kaum vorstellbar, dass hier im Ersten Weltkrieg der Kanonendonner von den Wänden widerhallte. Tatsächlich jedoch wurde in den Bergen Norditaliens ein erbitterter Stellungskrieg ausgefochten.

»Hier an dieser Stelle, konnte man nicht sitzen, ohne dass das Feuer auf einen eröffnet wurde«, sagt Michael Brömsen, Wanderführer im Ledrotal oberhalb des Gardasees an einem herrlichen Aussichtspunkt auf die stark bewaldeten Hänge. Nachdem das bisher neutrale Italien im Mai 1915 der Donaumonarchie den Krieg erklärt hatte, lieferten sich die österreichischen Standsoldaten – viele von ihnen Kinder oder Greise, da die österreichischen Truppen an der Ostfront standen – gemeinsam mit dem Deutschen Alpenkorps hier einen strategisch sinnlosen Gebirgskrieg mit den italienischen Alpini-Soldaten.

»Vorsicht, Kopf einziehen!«, mahnt Brömsen beim Einstieg in einen ersten dunklen Tunnel. Trotz der schwülen Hitze draußen ist es im Inneren der ehemaligen Befestigungsanlage kalt und feucht. Tief gebeugt geht es im Licht der Stirnlampen durch einen stockfinsteren Gang. »Mit der stetigen Fortentwicklung der Waffentechnik wurden die Verteidigungsanlagen immer tiefer in die Berge hineingetrieben«, erklärt Brömsen, der in Botnang aufgewachsen ist und seine Wahlheimat im Ledrotal gefunden hat.

In einem kleinen Aufenthaltsraum tropft Wasser von der Decke. 40 bis 50 Personen mussten hier monatelang ausharren. Ein Großteil der Soldaten (allein 180.000 auf östereich-ungarischer Seite) starb aufgrund von Lawinen, Kälte und Krankheiten und nicht an den eigentlichen Kampfhandlungen.

VOM KRIEGSSTEIG ZUM FRIEDENSWEG
Kaum aus den Tiefen des Bergs wieder aufgetaucht, geht es über Trittstufen senkrecht in die Höhe. In den Fels gesprengte Pfade, Trittstufen und Klettersteige, die heute rund um den Gardasee, im Adamello-Gebirge in der Brenta und den Dolomiten zu vergnüglichen Bergtouren einladen, dienten einst dem Transport von schwerem Geschütz in unzugängliches Gelände.

Es war eine Materialschlacht ohnegleichen. Dabei war der Stellungskrieg im Gebirge völlig sinnlos: Selbst die verlustreiche Frühjahrsoffensive der K.u.K-Truppen vom Mai 1916, bei der fast 70.000 Soldaten fielen und die vor allem an der Marmolada und dem Monte Pasubio zu bitteren Schlachten führte, brachte keinen militärischen Fortschritt. Mit dem Waffenstillstand zwischen der Donaumonarchie sowie Deutschland und den Entente-Mächten im November 1918 war der Spuk endlich zu Ende.

Die Idee, Militärsteige und Anlagen als Versöhnungsprojekt zwischen Tirol und Italien wieder herzustellen, datiert auf das Jahr 1946 zurück. Doch erst in den 1980er und 1990er Jahren wurden sie aufwendig restauriert und durch einen Fernwanderpfad verbunden.

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