Vesterålen

Wildes Inselreich in Nordnorwegen

Aussichtsreiche Wanderwege zwischen kargen Bergen, tiefen Fjorden und einsamen Fischerdörfern – die norwegische Inselgruppe Vesterålen, 300 km nördlich des Polarkreises gelegen, ist im Gegensatz zu den Lofoten vom Tourismus noch weitgehend unberührt. Astrid Därr machte sich zu Fuß und mit dem Kajak auf Entdeckungstour.

Text/Bilder: Astrid Därr

Nyksund: Der Anfang der Welt

Schwarze Wolken hängen über dem tiefblauen Nordmeer. Zerklüftete Berge fallen steil in langgezogene Fjorde ab, die Gipfel sind Ende Juni noch schneebedeckt. Winzige Eilande umgibt ein Ring aus türkisblauem Flachwasser. Die Inseln, Schären und Fjorde bilden ein Labyrinth aus Wasser und Fels. Aus der Luft wirken die Vesterålen noch unübersichtlicher als an Land. Vom verschlafenen Mini-Flughafen Stokmarknes geht es Richtung Norden. Die Straße schlängelt sich entlang der Küstenlinie, gesäumt von frühlingsgrünen Wiesen. Wenig später erinnert die schroffe Bergkulisse fast an die Dolomiten. Auf den letzten zehn Kilometern von Myre nach Nyksund hoppelt der Mietwagen auf einer Schotterpiste von Schlagloch zu Schlagloch. Kurz bevor die Straße endgültig im Nirgendwo zu enden scheint, tauchen Gebäude auf. Mehrstöckige, marode Holzhäuser thronen auf Stelzenplattformen in einer kleinen Bucht. Die Geisterstadt Nyksund weckt Assoziationen an einen Wildwestfilm – fehlt nur der Saloon mit Pferdeparkplatz. Stattdessen zeigt ein selbstgemaltes Schild zu einem gelben Haus über dem Wasser: »Holmvik Brygge – Step into history«. Mich empfängt Ssemjon Gerlitz, ein Düsseldorfer mit rotblondem Pferdeschwanz. »Hier beginnt die Welt«, sagt er, während ich mir vorkomme, als wäre ich in einer surrealen Kulisse am Ende der Welt gelandet. Ssemjon führt mich durch sein originelles Gästehaus voller historischer Utensilien. Zu all seinen Sammelstücken weiß er eine Geschichte zu erzählen: Trockenstäbe für Nerzfelle, Nagelbürsten zur Entfernung von Fischschuppen etc. »Die Leute haben Nyksund in den 1970er Jahren verlassen, als sich der Fischfang an diesem abgeschiedenen Ort nicht mehr lohnte. 20 Jahre lang war alles dem Verfall geweiht, bis 1997 der Deutsche Karl Heinz Nickel dieses Gebäude entdeckte.«

Ssemjon war von Anfang an bei der Renovierung des 100 Jahre alten Gebäudes beteiligt, seit 2002 gehört es ihm. »Als wir mit der Arbeit begannen, nannten uns die Leute Schrottsammler – heute besitzen wir ein Museum.« Anfangs betrieb Ssemjon nur einen kleinen Landhandelmit Lebensmitteln, dann vermietete er ein paar Zimmer für Selbstversorger. Dank wachsender Nachfrage gibt es heute ein Restaurant mit lokalen Spezialitäten wie Arktischen Saibling aus hauseigener Räucherei oder Rentiergulasch.

»Nach Nyksund kommt niemand, um Geld zu verdienen. Alle, die hier leben, tun das, weil es ihnen Spaß macht. Das ist auf den Lofoten anders, viele Hotelbesitzer wohnen in Oslo«, erzählt Ssemjon. Künstler und Lebenskünstler erweckten den Ort aus dem Dornröschenschlaf: Heute wohnen wieder etwa 20 Menschen permanent am Anfang der Welt.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 06/2016.

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