»Rain is liquid sunshine« – so lautete in Matthias Breuels Jugend der Titel eines Songs der damals in der Paddelszene legendären »Los Burritos«. Damit war alles gesagt und bis heute gilt dieser Leitsatz als grundlegende Weisheit für alle Wildwasserfreaks. Wasser ist Leben und dafür braucht es gerade in Zeiten schmelzender Gletscher und sinkender Schneehöhen Regen als unser aller Lebenselixier. Wenn dann die Pegel steigen, laden auch in bekannten Paddelrevieren sonst eher wenig beachtete Strecken ein zu einem rauschenden Tanz.
Klimawandel hin oder her, im Kreis »nicht-paddelnder« Menschen fühle ich mich bei Regen ein wenig als Sonderling. Verwunderte Blicke und fast schon entrüstete Reaktionen à la »Wie kannst du dich über dieses Mistwetter freuen?!« bin ich nach vielen Paddeljahren gewohnt. Natürlich zaubert auch mir Regen nicht immer ein Grinsen ins Gesicht, schon gar nicht die schrecklichen Hochwasser- und Starkregenereignisse der letzten Jahre. Im Normalfall aber gilt: Wir sind schließlich nicht aus Zucker und irgendwann hört der Regen auch wieder auf.
Und genau dann beginnen auch in den bekannten Wildwasserrevieren der Alpen die schönsten Paddeltage. Die Pegel sind stattlich, sinken aber langsam und dazu bricht die Sonne durch die Wolken. Was für ein Glück, genau dann am richtigen Ort zu sein oder spontan frei nehmen zu können. Denn ich muss gestehen: So genial Paddeln auch bei richtig miesem Wetter sein kann, als (vielleicht etwas verweichlichter) Münchner bin ich einfach kein knallharter Mittelgebirgspaddler, der Schneeregen als Wohlfühlklima empfindet. Da ist mir die Kombination aus Sonne und Wasser satt dann doch irgendwie lieber.
REGEN – FLUCH ODER SEGEN?
Trotzdem habe ich im Verein in den letzten Jahren eine Erfahrung gemacht, die wohl auch vielen Kanuschulen nicht ganz fremd ist. Kaum treibt ein kräftiges Niederschlagsgebiet die Pegel im geplanten Zielgebiet in die Höhe und die ersten Strecken leuchten in den Pegel-Apps in roter Farbe, schon geht es los mit Mails, Anrufen und Absagen. Selbst wenn die Wetterprognose für die Tour solides bis bestes Wetter und damit auch einen Rückgang der Wasserstände erwarten lässt, heißt es dann reihum »Ich glaube, das ist mir zu viel Wasser. Und außerdem mag ich kein trübes Wasser«.
Schnell beginnt das große Zaudern und trotz aller Beteuerungen »Wir finden für alle schöne Strecken. Ihr braucht keine Bedenken zu haben« folgen die ersten Absagen aufgrund plötzlicher Erkrankungen oder unerwarteter familiärer Verpflichtungen.
Oft ist es dann am Ende nur ein kleinerer Kreis, der sich tatsächlich auf den Weg macht. Doch diese Unerschrockenen kamen von unseren Touren bislang immer mit strahlenden Augen zurück. Wobei ich durchaus Verständnis für die Zweifelnden habe. Auch ich wurde in den 1990er Jahren bis auf wenige Ausnahmen noch als Niedrigwasser-Paddler sozialisiert. Mächtiges Wuchtwasser war mir – eher Typ Bohnenstange – zunächst suspekt, aber die Technik zum Um-die-Steine-zirkeln hatte ich.
Auch später noch waren wir das eine oder andere Mal bei dürftigen Pegelständen unterwegs, bei denen ich heute auch aus ökologischen Gründen nicht mehr einsteigen würde. Das war aber meist schon eher dem Wassermangel, Stichwort Klimawandel, geschuldet. Denn mit den Jahren lernte ich, dass niedrige Pegelstände Strecken oft weder fairer noch deutlich leichter (und schon gar nicht schöner) machen, während mehr Wasser gerade leichtere Strecken zu einer wirklich runden Sache werden lässt.